F - FKK

Zum Thema FKK hatte ich in der vergangenen Woche eine erschreckende Erkenntnis. Es war im Urlaub in Dänemark, an denselben Stränden, die ich in den Siebzigern und Achtzigern mit meinen Eltern besuchte. Damals war dort mindestens die Hälfte der Leute nackt. In den Dünen stieß man hinter jeder Kriechkiefer auf unbekleidete Pärchen und am Strand flatterten beim Nackt-Volleyball die Geschlechtsteile im Winde. Heute hingegen wagen sich nicht mal mehr dreijährige Kinder ohne Badekleidung an den Strand. Schlimm, wie prüde die Welt geworden ist!

Als ich an jene freizügigen Zeiten zurückdachte, fiel mir wieder ein, dass all das Fleisch in den Dünen mein pubertäres Blut damals durchaus in Wallung gebracht hatte. Ohne es zu wissen, verstieß ich gegen das erste Gesetz der Freikörperkultur, welches lautet: Du sollst Dich nicht an der Nacktheit aufgeilen. Die Naturisten, wie die FKK-Anhänger ihre Bewegung nennen, führen viele Gründe für ihren Textilcode ins Feld – praktische, psychologische und philosophische –, sie betonen jedoch mit Nachdruck, keine zügellosen Erotomanen zu sein, die sich die Kleider nur deshalb vom Leib reißen, um im nächsten Gebüsch Sex zu machen. Im Gegenteil sei die unverkrampfte Nacktheit geradezu die Antithese zu Pornografie und jenem sexualisierten Körperkult, der unsere Gesellschaft prägt. So viele Gründe es für die Freikörperkultur gibt, so wenige gibt es dagegen. Genau genommen ist es nur ein einziger: dass es peinlich sei, sich auszuziehen. Das stimmt natürlich, auch ich möchte nur ungern nackt an der Wursttheke stehen. Doch diese Scham ist kein Naturgesetz, sondern Folge einer repressiven Moral, die der wahrhaft aufgeklärte Mensch von sich werfen sollte. Die Welt, davon bin ich fest überzeugt, wäre ein freundlicherer Ort, wenn alle Menschen nackt herumlaufen würden statt angezogen. Oskar Lafontaine nackt am Rednerpult des Bundestags. Anne Will nackt in ihrer Sendung. Nackte russische Soldaten im Kaukasus. Nackte Athleten bei Olympia, so wie in der Antike. Her damit, das will ich sehen!

Nun muss ich allerdings noch gestehen, dass es trotz meiner Sympathie für den Naturismus schon viele Jahre her ist, dass ich zum letzten Mal an einem FKK-Strand war. Der Grund? Ich finde niemanden, der mit mir dort hingeht. Kolleginnen und Kollegen, Freundinnen und Freunde – alle baden sie lieber angezogen. Deshalb hier nun der Appell an die Leserinnen und Leser des SZ-Magazins: Falls Sie mit mir zum Nacktbaden gehen wollen, bitte melden Sie sich.