Plötzlich war sie wieder da, diese Teenagerfantasie. Die EU-Kommission plante vor einigen Wochen, den Nacktscanner europaweit an Flughäfen zuzulassen, um Gegenstände am Körper der Passagiere zu finden, die von den Metalldetektoren nicht erfasst werden. Und da fiel uns doch gleich wieder ein, dass wir zwischen neun und 13 Jahren die Idee des Röntgenblicks als besonders spannende technische Entwicklung wähnten. Durch eine Brille, dachten wir, könnten wir den Chemielehrer nackt sehen.
Heute wissen wir: Diese Idee wäre in Wirklichkeit ein Albtraum gewesen.
Nicht nur wegen des Chemielehrers. Sondern, weil man nur die wenigsten Menschen nackt sehen möchte. Den Mann gegenüber in der S-Bahn? Nein, danke. Die Leute an der Supermarktkasse? Auch nicht. Und die Vorstellung, abends mit den Kollegen in der Sauna zu sitzen, ist auch nicht gerade verlockend. Es gibt schließlich einen Grund, warum man Menschen, bevor sie eine Rede halten müssen, mit folgendem Satz zu beruhigen versucht: "Stell dir die Leute doch einfach nackt vor!" Zumal es beim Thema Röntgenblick einen Denkfehler gibt, der erhebliche ästhetische Nachteile mit sich bringt: Der Körper wird nicht im natürlich nackten Zustand gezeigt. Die Genitalien befinden sich in zu engen BHs und in Tragekomfort versprechenden Slips. Das bedeutet zum Beispiel also, dass die Brüste eingedrückt und hochgeschoben oder das männliche Geschlechtsteil nach rechts oder links gelegt gezeigt würden. Da würden nicht nur Teenies kichern.
Die Bundesregierung hat sich inzwischen vehement gegen den Einsatz von Nacktscannern an Flughäfen ausgesprochen. Das beruhigt uns ein bisschen, denn sonst müssten wir beim Einchecken nicht nur mehr daran denken, die Münzen aus der Hosentasche zu nehmen, sondern beim Scannen auch den Bauch einziehen, um einen möglichst guten Eindruck zu hinterlassen. Man weiß ja nie, wo die Bilder später mal auftauchen.