Zwiebelspray

Der Dichter Pablo Neruda beschreibt in seiner Ode an die Zwiebel die schalenreiche Frucht als Platinkelch und Quelle der einzigen »leidlosen Träne« der Welt, die imstande ist, uns weinen zu machen, »ohne uns zu betrüben«. Mit dieser philosophisch-poetischen Tiefe soll es nun vorbei sein. Wer »Zwiebel Natur«, das Spray der Firma »Easy Gourmet« (150 ml, um 4 Euro), auf dem Tisch stehen hat, entkommt, so der Gedanke, der folgenschweren Handlungskette Schälen-Schneiden-Weinen und dem lästigen Handgeruch danach. Einfach Sprühknopf betätigen, und schon ist, z. B. nach zehn Stößen, eine ganze kleine Zwiebel auf dem Teller bzw. im Essen gelandet. Theoretisch unschlagbar. Die Praxis jedoch zeigt: Das dem kalt gepressten Zwiebelsaft als einziges Konservierungsmittel beigefügte Meersalz (10 %) verströmt zusammen mit dem Konzentrat eine streng-säuerliche Würzfahne, die den aufkommenden Geruch verdächtig in die Nähe einer Marathon-Mannschaft nach dem Testlauf ums tote Meer rückt. Dann lieber weinen, denn, wie meint Neruda noch: Die Zwiebel ist der »Stern der Armen«, der – mit ein wenig Salz beträufelt – sogar deren Hunger stillen kann.