Nicht, dass ich unbedingt überall dahin reisen muss, wo Thomas Mann einmal war. Es beruhigt nur ungemein. Das Schweizer Dorf Arosa im Kanton Graubünden liegt 1800 Meter hoch, und den Lungenkranken, die vor siebzig Jahren hier ankamen, um die Luft zu schlucken wie Medizin, wurde geraten, sich zunächst ein paar Tage im Zimmer liegend zu akklimatisieren. So viel Zeit ist heute nicht – obwohl es hier im Herbst gemütlicher zugeht als zwischen Dezember und April, wenn meterdicker Bergschnee die Skifahrer erfreut. Natürlich wohne ich im Waldhotel, nicht nur weil Thomas Mann dort stets Sommer- und Winterfrischen verbrachte, sondern auch weil das Haus noch heute zu den besten Vier-Sterne-Hotels der Schweiz zählt und Direktor Steffen Volk gerade einen eleganten Wellnessbereich anbauen ließ. Wie wir so gemeinsam glühen – ich in der Sauna aus Arvenholz, die Berge hinter dem Panoramafenster in der Abendsonne –, entfährt mir ganz von selbst ein »Allegra!«. So sagt man hier bei seelischer Beschwingtheit.Nach narkotischem Höhenschlaf wirken die dunklen Tannen vor dem Hotel morgenkühl wie eine zweite Dusche. Auf dem Eichhörnliweg spaziere ich nach Maran. Thomas Mann rang auf diesem Weg wochenlang mit der Entscheidung, ins Exil zu gehen; ich verfolge stattdessen die zutraulichen Eichhörnchen durchs Gehölz und komme erschöpft bei der Bergkäserei Maran an. Der Käse hier ist so gut, dass ich mir einen amtlichen Kanten davon einschweißen lasse und nun mitschleppen muss, bis zur Mittelstation der Bergbahn. Ein Glück, dass man in der Sommer- und Herbstsaison in Arosa kostenlos mit den Bergbahnen fahren kann, so gondeln der Käse und ich aufs Weisshorn und schauen von oben auf die Schweiz herab. Derart eidgenössisch beseelt kehre ich später noch im Burestübli ein – sämtliche Methoden der Kalorienzufuhr, die sich die Schweizer in den letzten Jahrhunderten ausgedacht haben, werden hier perfekt auf den Teller gebracht. Für Fondue ist es noch ein bisschen zu warm, daher wähle ich köstliche Mangoldwickel, Capuns genannt. Spät und schwer stapfe ich ins Hotel zurück, der Portier erkennt mein Leiden und schickt mich weiter in das Chill’s – eine Art moderne Opiumhöhle mit rundum gepolsterten Zimmerchen, eingerichtet für universales Zeitvergessen und wonniges Verdauen. WOHNEN Waldhotel National, CH-7050 Arosa, Tel. 0041/81/378 5555, Fax 0041/81/378 55 99, DZ mit Halbpension ab 148 Euro pro Person, www.waldhotel.ch. ESSEN Restaurant Burestübli, Prätschlistrasse, 7050 Arosa, Tel. 0041/81/377 1838, Fax 0041/81/377 45 50, www.arlenwaldhotel.ch. AUSGEHEN Chill’s Coffee Lounge, Poststrasse, 7050 Arosa, Tel. 0041/81/377 13 66, www.chills.ch. AUSFLUG Käserei Alp Maran, Tel. 0041/81/377 22 77.