Wer eine Holzwand hat, braucht zum Anlehnen keine Schulter mehr.
Die erste Holzwand, die ich bewusst wahrnahm, war die in unserem Hobbyraum. Wir waren in das klassische Einfamilienhaus in der Vorstadt gezogen. Bungalow mit Keller, der Hobbyraum (mit eigenem Eingang) eine Art Souterrain: vorm Panoramafenster der Garten so tiefergelegt, dass man Ausblick auf den ansteigenden Rasen hatte. An einem der ersten Wochenenden im neuen Haus kam mein Vater auf die Idee, den Hobbyraum, für den er eine Tischtennisplatte gekauft hatte, richtig gemütlich zu machen: Lärche, Nut und Feder. Zwei Tage lang schufteten wir, meine Eltern, meine Schwester und ich, dann sah es aus wie in der Sauna. Wir fanden das gut, damals. Vielleicht dreimal haben wir Tischtennis im Hobbyraum gespielt. Dann waren wir Teenager, lehnten die Tischtennisplatte an die Wand, verteilten Sitzsäcke im Raum, hingen mit unseren Freunden herum und hörten Musik. Der Hobbyraum und seine Holzwände sind für mich ein Synonym geworden für heimlich rauchen, nachts abhauen und verboten ausgehen, für die Musik von Pink Floyd und Velvet Underground, für Lambrusco und Insel Samos, für erstes Liebesglück und ersten Liebeskummer.
Später zog meine Schwester in den Hobbyraum, und weil die Achtzigerjahre anfingen, strich sie alles weiß. Ich mag Holzwände daher auch in Weiß. Ich mag sie aber sowieso: in getäfelt, in Dachkammern mit schrägen Wänden, aus astloser Weißtanne oder Birkensperrholz. Denn eine Kindheit ist zweifellos immer prägender als Moden.
(Produktauswahl: Simona Heuberger und Nadja Tadjali; Fotos: Janne Peters, Alexander Girard / Vitra, Verena Brüning, Tuomas Uusheimo)