Würde man nur das Geschick beurteilen, mit dem sich die Kandidaten digitaler Medien bedienen, dann wäre die US-Wahl bereits entschieden. Während John McCain kürzlich erklärte, er wolle nun auch lernen, »how to do a Google«, hat Barack Obama bereits rund tausend Filme auf seiner Website und auf YouTube platziert. Sie zeigen ihn bei mitreißenden Reden und in lässig zusammengeschnittenen Nahaufnahmen. Vor allem zeigen sie ihn als Meister einer neuen Form der Imagebildung und Eigenwerbung: dem digitalen Selbstdesign.
Im Netz wird der Mensch zur Marke. Wie attraktiv und erfolgreich, hängt vom Design ab. Dabei geht es um mehr als eine Brustoperation oder einen Maßanzug, die klassischen Werkzeuge der Selbstoptimierung. Beim Imagebuilding im Internet ist der Entwurf einer ganzen Persönlichkeit erforderlich: Nenne ich in meinem Profil die richtigen Lieblingsfilme? Klingt das Schummeln beim Alter halbwegs glaubhaft? Welche anderen Websites verlinke ich? Vielleicht am wichtigsten: Habe ich die richtigen Freunde? Denn Attraktivität, daran ändert auch die digitale Moderne nichts, gründet sich vor allem auf sozialen Erfolg. Ein Profil kann noch so liebevoll, originell und sympathisch sein: Wenn der einzige Freund auf der eigenen Seite der MySpace-Gründer »Tom« ist, wirkt der Auftritt trostlos. Wer beim Entwerfen seiner multimedialen Web-Persönlichkeit ganz sicher gehen will, holt sich professionelle Hilfe. Dienstleister wie reputationinsurance.com oder tigertwo.co.uk bieten Firmen und Privatpersonen Unterstützung dabei an, sich möglichst vorteilhaft in Szene zu setzen. Die Tricks der Imagepolitur liegen auf der Hand: strategische Verlinkung zu prestigeträchtigen Seiten, gefälschte Kommentare, unauffällige Korrekturen, zur Not auch Mahnungen oder juristische Schritte gegen üble Nachredner. »Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?«, fragt Deutschlands derzeit erfolgreichstes Sachbuch. Im Netz gilt: Das kann sich jeden Tag ändern und hängt davon ab, wie viel Wert man auf sein Design legt.