SZ-Magazin: Frau Hadid, Sie sind eigentlich Architektin, entwerfen aber auch Gebrauchsgegenstände und Möbel. Ludwig Mies van der Rohe und Charles Eames taten das auch schon. Richten Architekten einfach gern Gebäude ein?
Interessant ist ja, dass sich derzeit die Grenze zwischen beiden Disziplinen aufzulösen scheint: Architekten tummeln sich immer öfter im Industriedesign, während Designer immer aktiver in der Innenarchitektur werden. Beide Disziplinen reizen mich gleichermaßen, obwohl sie sehr unterschiedlich sind. Sie können genauso schnell eine Idee für ein Gebäude haben wie für einen Gebrauchsgegenstand, der Produktionsprozess aber ist ein komplett anderer. Am Industriedesign gefällt mir, dass die Zeit zwischen Idee und Resultat so viel kürzer ist als bei der Architektur.
Die Zeitfrage kann aber nicht der einzige Reiz sein, oder?
Für uns sind kleine Projekte auch gut als Trainingseinheit zwischen großen Bauvorhaben. Projekte wie der Lüster für Swarovski befeuern unsere Kreativität. Wir lernen daraus sehr viel.
Was denn zum Beispiel?
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Hier finden Sie weitere Arbeiten der Designerin
Das Produktdesign bietet uns die Möglichkeit, neue technologische Möglichkeiten auszuprobieren, die zum Beispiel in 3-D-Designsoftware stecken. Oder in neuen Produktionsprozessen. Das findet sofort Eingang in unsere Architekturentwürfe, was Sie sehr gut sehen können, wenn Sie die evolutionäre Entwicklung unserer Produkte mit unseren Architekturprojekten vergleichen.
Der Lüster »Fade« für Swarovski hat enorme Ausmaße – für welche Räume ist er gedacht?
Mit 15 Meter Spannweite ist er für große Interieurs ausgelegt. Dann allerdings kann er sich allen Räumen anpassen und das in sehr einzigartiger Weise. Sein Leuchtkörper aus 2700 Swarovski-Kristallen wird getragen von 86 Stahlseilen und formt einen geschwungenen Kegel aus ätherischem blauen Licht. Er erfindet sich mit jeder Installation völlig neu.
Wie darf man sich das vorstellen?
Wir wollten die Idee des traditionellen Lüsters grundlegend infrage stellen: nicht einfach nur ein System bauen, das Licht spendet, sondern eines, das in den Raum eingreift und mit ihm interagiert. Man kann die Elemente der Lüster an jede Umgebung anpassen. Eine Inspiration waren Himmelskörper, die durchs All reisen und dabei von unsichtbaren Kräften gelenkt werden. Sie alle stehen für sich und sind doch Teil eines großen dynamischen Ganzen. Diese Dynamik wollte ich dreidimensional darstellen.
Zaha Hadid, 57, gilt als wegweisende Architektin ihrer Generation. Als Designerin entwarf sie u.a. ein Teeservice für Alessi, Besteck für WMF oder eine Drehbühne für die Welttournee der Pet Shop Boys. Die gebürtige Irakerin lebt und arbeitet in London.
Aktuelles Projekt: Fade, ein geschwungener Lüster aus Kristallen für Swarovski.