Die Färöer Inseln, einsam zwischen Island, Schottland und Norwegen gelegen, sind bekannt für Regen, Lachs und Schafe. Regen gibt es das ganze Jahr. Schafe (etwa 70 000) gibt es mehr als Menschen (etwa 50 000). Und die Lachse tummeln sich im kalten, klaren Wasser der Fjorde, sie werden gezüchtet und in alle Welt verschickt.
Algen gibt es im Nordatlantik vor den Färöern ebenfalls, sehr viele sogar, annähernd 300 Arten von Seetang. Aber interessiert haben sie hier lange Zeit niemanden. Ein altes färöisches Sprichwort, aus den dunklen Zeiten, als das Essen knapp war, lautet sogar sinngemäß: Er starb mit einem Stück Tang im Mund. Die Färinger glaubten nicht daran, dass man sich von den Algen ernähren kann, und das muss schon was heißen, denn traditionell ernährt man sich hier von allem, was die karge Natur hergibt.
Aber in der fernen weiten Welt gelten Algen mittlerweile als eine Art Allzweckwaffe, als Lösung für Hungerkrisen und Klimaprobleme. Sie werden industriell verarbeitet, in der Kosmetik- oder Lebensmittelindustrie. Sie sollen auch unendlich gesund sein, heißt es, ein wahres Superfood. Und Spitzenköche auf der ganzen Welt haben Algen längst als vielseitige Zutat entdeckt.
So auch das Wunderkind der europäischen Sterneküche: Poul Andrias Ziska, 27 Jahre alt, der für sein Restaurant »Koks« den ersten Michelin-Stern in der Geschichte der Färöer Inseln erhalten hat. Spätestens dank Ziskas gewöhnungsbedürftigen Kreationen sprach sich herum, dass vor den unwirtlichen Färöer Inseln der vielleicht beste Seetang der Welt wächst.
Für die neue Ausgabe des »SZ-Magazins Stil Leben« saßen und aßen wir auf den Färöer Inseln, aber nicht nur bei Poul Andrias Ziska, wir besuchten vor allem die Geschwister Agnes Mols Mortensen und Morten Mols Mortensen. Denn die Meeresforscherin und der Taucher waren vor Jahren die Ersten, die erkannten, welcher Schatz vor ihren heimischen Küsten versteckt lag. Sie gründeten die Algen-Firma Tari und spezialisierten sich auf die Zucht und Weiterverwertung von Seetang.
Jetzt, da auch auf den Färöer Inseln der Algen-Boom beginnen könnte, stellen sich die Geschwister Mortensen die Frage, wie sie ihre Algen bekannter machen können, ohne die einzigartige Natur zu gefährden. Denn es verändert sich gerade nicht nur der Blick der Menschen auf die glitschigen Meeresgewächse, es verändern sich auch die Färöer Inseln selbst.
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Foto: Roderick Aichinger