Du bist Deutschland

Matthias Platzeck (*29.12.1953 Potsdam), Arztsohn, Studium der Biomedizinischen Kybernetik, Dipl.-Ing.

Mensch, ging das alles schnell und glatt. Ganz anders als bei der Kollegin Merkel. 1995 kam Matthias Platzeck von den Grünen zur SPD, dann der Durchbruch mit dem Deichbruch. Fünf Jahre vor G. Schröder erfand er das Prinzip dynamischer Gummistiefel. Seitdem darf man ihn anerkennend »Deichgraf« nennen. Als solcher wollte er 1998 nicht Außenminister werden, sondern zunächst Potsdam retten. Das tat er, bis ihn wieder Herr Stolpe rief. Den löste er dann später ab. Und nahm sich einen General seines Vertrauens an seine Seite. Das war und wird ewig Herr Schönbohm sein. So konnte er schon lange vor 2005 im kleinen Kreis die Große Koalition üben. Heißa. War und ist das ein hartnäckiges Sparring mit General Augenbraue. Preußen lebt. Und dann hat – Oktober 05 – diese junge Dame, deren Namen man vergaß, aus Versehen Münte gestürzt. Platzeck musste jetzt raus in die Welt. Wein-König Beck aus Mainz jubilierte: »Wir brauchen keinen Messias, wir haben den Matthias.« Vorsicht. Ein paar messianische Eigenschaften haben noch keinem Vorsitzenden geschadet. Auch und gerade nicht dem der SPD.

Jetzt sind die ersten 100 Tage durchgesessen. Der erste Hörsturz auch. Und die öffentliche Meinung hat noch keine über Matthias Platzeck. Also keine klare. Wofür steht Platzeck, wenn er vorsitzt? Welche Arbeitsteilung hat er mit Münte? Will er wirklich alle Bundesbürger bis zur nächsten Berliner Wahl persönlich herzen? Wie zeigt er – oder halt – kann er überhaupt der Kanzlerin Kante zeigen? Er äußert sich gern und zu allem in aller Eindeutigkeit nett. Und schon schreiben welche vom »Chef, der sich nicht traut«, vom »Parteiversteher«, vom allzeit freundlichen Herrn Platzeck, der sogar seinen Bart abnehmen würde. Wenn seine Freundin das will. Doch stopp! Darum geht es doch gar nicht. Es geht um Deutschland. Und das verkörpert er prima. Denn in seiner Person manifestiert sich die Große Koalition in einer Person! Mutig und menschlich. Ost und West. Linke Tasche, rechte Tasche. Er ist das Gegenteil vom hässlichen Deutschen.

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Foto: dpa