Eau de Parfum »Songes« von Annick Goutal, 100 ml um 150 Euro.
Viel, ja, sehr viel im Leben habe ich meiner Großmutter Emilie zu verdanken. Mit ihr im selben Haus aufzuwachsen bedeutete einen enormen Erkenntnisgewinn, nicht nur an Altersweisheit, sondern auch an Ästhetik. Das meint hier besonders Blumen und Parfum. Emilie verzichtete, wenn sie sich, wie jeden Morgen, aufwändig frisiert an die Arbeit im Garten machte, auf das Tragen ihrer paar Tropfen Koelnisch Wasser. »Weil ihre Majestät die Blume keinen Duft neben sich duldet«, so ihr Kommentar. Ein Parfum, das in der Lage gewesen wäre, ihr puristisches Cologne zu ersetzen, hätte schon nach einem ganz besonderen Blumenstrauß riechen müssen. So wie »Songes« von Annick Goutal (100 ml um 150 Euro) aus Paris. Als ich es zum ersten Mal roch, hatte ich ein Duft-Déjà-vu: Emilie stand neben mir und dozierte: »Frangipani, mein lieber Enkel, ist die Lilie der Bäume. Ihrer beider weiße Blüten sprechen die gleiche Sprache.« Nun ist die Lilie hier nicht irgendeine, sondern Tiaré aus Tahiti, die bereits Gauguin malte. Und neben Frangipani hält Ylang-Ylang von Nosy Be bei Madagaskar die Balance, während Vetiver und Vanille erden. Emilie wäre begeistert gewesen. Und hätte sich auch am Kitsch-Flakon nicht gestört. Denn auch wenn ihr Garten stets reine Form war, Respekt erwies sie dem Inhalt allein.