Komm, wir trinken einen Regenbogen

Wer die Sonne im Herzen hat: schön. Unsere Autorin bestellt nach einem miesen Tag abends in der Bar lieber einen Regenbogen – in Form vieler kleiner bunter Cocktails.

Foto: Maurizio Di Iorio

Meine Freundin Kate hatte die Idee, einen Regenbogen zu trinken, ich war sofort dabei, denn an einem Regenbogen im Kopf kann nichts falsch sein, aber als der Abend kam, an dem wir sechs Farben trinken wollten, hatten wir beide eine verdammte Scheißlaune.

»Lass mal noch Schwarz dazunehmen«, sagte ich, als wir auf dem Weg zur besten Cocktailbar der Stadt waren. Kate nickte, mit düsterem Blick. Es gibt diese Tage, da wacht man morgens schon wütend auf. Dann streut einer noch ein bisschen Patriarchat drauf. Fertig ist die Zeitbombe.

Wir dann also am Tresen, die eine murmelte »Regenbogen«, die andere zischte, eventuell etwas ungehalten, »trinken«, auf jeden Fall sagten wir beide »schwarz, bitte, schwarz«. Die Barfrau mit den langen roten Haaren begriff sofort.

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Sie lächelte, mixte und stellte uns zwei Drinks hin, rot wie ihr Pferdeschwanz. »Mr Walter Melon. Trinkt.«

Kate atmete ein und wieder aus, sie hob ihr Glas und sprach einen Toast. »Oh Rot, Farbe der Sünde, der Liebe, des Blutes, des Mutes und der Wut.«

Wir tranken, das Rot ergoss sich über mein inneres Chaos. Ich spürte es kaum, es versickerte in etwas Wildem.

Gerade wollte ich die Barfrau fragen, wie schnell sie uns mit weiteren Farben versorgen kann, da kam schon Orange.

»That Yellow Bastard«, sagte sie, »mit Aprikose.«

»Orange«, sagte ich, »pffh«, und ich wusste, dass das kein vernünftiger Toast war, aber hey, diese Scheißlaune wegen des Patriarchats . . !

»Okay«, sagte Kate, »weg damit.« Sie meinte nicht nur das Getränk, das konnte ich in ihren blitzenden Augen sehen.

»So, die Damen, Malibu Barbie.« Die Barfrau schien im Akkord zu arbeiten. Vor unseren Nasen standen jetzt zwei gelbe Cocktails. Es waren Schirmchen im Glas. Ich nahm meinen Papierschirm und schob ihn mir in den Dutt.

»Gelb, du alte Natter«, sagte ich. Ich mag kein Gelb. Aber während ich trank – das Gelb war viel weniger süß als befürchtet – ging in meinem Bauch die Sonne auf.

»Ich glaub nicht, dass wir morgen einen Kater haben«, sagte Kate und nahm einen großen Schluck Wasser, als uns die Barfrau kichernd mit giftgrünem Gin Basil Smash versorgte.

»Ich glaub, wir sollten heute Nacht noch was anzünden«, sagte ich, schüttete grünen Gin in mich rein, fragte mich dabei, ob wir vielleicht eine Droge erfinden sollten, die Liquid Grass heißt, und zack: standen zwei kleine Swimmingpools auf der Theke. Durchsichtig, quietschblau, eiskalt.

»Arielle«, sagte die Barfrau.

»Wir sollen Meerjungfrauen trinken?«, fragte ich, und Kate sagte: »Der ultimative Trick – alle trinken jeden Tag eine Batterie Meerjungfrauen. Wenn das die Welt nicht zu einem besseren Ort macht, fressen wir unsere Besen.« Ich trank, in meinem Kopf machte es plopp, aber auf eine sehr gute Art. »Kate«, sagte ich, »ich glaube, mir wächst ein Schwanz.«

»Start Wearing Purple«, sagte die Barfrau, und Kate und ich reckten die Fäuste in die Höhe und riefen »Yeah, Revolution!«, aber die Barfrau informierte uns, dass so nur unser letzter Drink heißen würde.

»Wir wollen nicht aufhören«, sagte Kate und trank das Lila in einem Zug.

Die Barfrau sah uns an. »Ich hab vorhin was von Schwarz gehört.« Die Fürstinnen der Dunkelheit nickten. »Hier, Espresso Martini.«

Wir protestierten nicht, als sie uns zum Schluss noch eine Art flüssige Discokugel hinstellte – Zuckerschotentequila mit Glitzerirgendwas – denn am Ende des Regenbogens wartet ja bekanntlich ein Topf Gold. Niemand weiß, wie genau wir nach Hause gekommen sind, aber wir hatten Schirmchen im Haar und waren hervorragend gelaunt, die brennenden Straßenzüge haben wir verschoben.