Ute Rohrbecks Käsetheke ist eine Bühne: »Lilie«, der milde Schnittkäse im Wachsmantel, ist sogar mit Schablonenmustern bemalt: eine Bourbonlilie ziert den hohen, schmalen Zylinder. Der »Blaue Künstler«, ein Weichkäse, dem Roquefort ähnelnd, strahlt in den schönsten Blautönen. Auch die Käseformen wechseln in der Abfolge: Hinter einem kleinen runden Käse, dem »Rehnaer Klosterknopf«, liegt ein größerer »Kräuterhügel«, dahinter die »Pyramide in Holzasche«, also ein Käse, der mit Asche bestäubt ist.
»Kunst & Käse« nennt Ute Rohrbeck ihren Laden und ihre Ziegenkäserei. Man sieht an der Käsetheke auch, dass sie vorher als Theatermalerin und Filmausstatterin gearbeitet hat, für viele Filme von Detlev Buck. Man schmeckt, dass sie mittlerweile auch ihren neuen Beruf beherrscht.
Eigentlich suchten Ute Rohrbeck und ihr Mann, Produktionsleiter bei Buck, vor 17 Jahren nur ein Häuschen im Umland von Hamburg. Dann aber entschieden sie sich für ein viel zu großes, stark renovierungsbedürftiges Gutshaus in Rögnitz am Schaalsee, an der Grenze zwischen Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Das Haus galt als Schandfleck des Ortes. Aber die Filmausstatterin fürchtete sich nicht. Bald wollte sie nicht mehr pendeln zwischen Land und Stadt, überlegte, welche Arbeit sie auf dem Land machen könnte. Ziegenkäse liebte sie schon immer. So fiel also die Entscheidung, Ziegen zu kaufen und Käse zu machen: Heute hält sie im Gatter Walliser Schwarzhalsziegen, Girgentana-Ziegen aus Italien, Ziegen mit aufrechten, gedrehten Hörnern aus Tadschikistan und Thüringer Waldziegen.
Die ostdeutschen Nachbarn beobachteten ihre Versuche neugierig, Ziegen hatte es hier bisher nicht gegeben. Erst einmal begann Ute Rohrbeck, verschiedene Rezepte mit zwei Litern Milch in der Küche auszuprobieren. Dann suchte sie in Lehrbüchern nach reizvollen Formen und ging das Käsen an wie eine Bildhauerin. Inzwischen hat sie sich eine richtige Käserei im Keller des alten Gutshauses eingerichtet und verarbeitet jede Woche über tausend Liter Rohmilch in Bioqualität. Die Milch ihrer eigenen Ziegen reicht längst nicht mehr. Aber dreißig Kilometer weiter stehen hundert Thüringer Waldziegen und Schweizer Gämsfarbige Gebirgsziegen. Ihr Besitzer ist froh, das Projekt »Kunst und Käse« zu beliefern.
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Fotos: Felix Brüggemann/Brigitta Horvat