Der Saft duftet nach Erdbeeren, ist herb und hat Charakter – wie ein Wein: Succo di Uve Americane stand auf dem Etikett eines Traubensaftes, den mir Marco und Verena Klurfeld auf ihrem idyllischen Berghof in Mergoscia über Locarno anboten. Zum ersten Mal fragte ich mich: Warum schmecken fast alle Traubensäfte gleich, wo doch zwischen Weinen Welten liegen? Was sind das für eigenartige Trauben? Amerikanische Rebsorten, erklärt Verena, kamen nach der Reblausplage von 1860 nach Europa. Die meisten dienen als resistente Unterlage für Edelreben, ihre eigenen Trauben sind kaum genießbar. Wenige Sorten werden für eigenartige Regionalweine wie den österreichischen Uhudler, italienischen Fragolino oder für Schweizer Grappa aus Americano-Trauben genutzt. Die aromatischen Früchte gelangen als Südtiroler Erdbeertrauben sogar auf den Münchner Viktualienmarkt.
Auf Reisen im Spätsommer probiere ich die Trauben der Weinberge. Die Beeren sind fleischig und geben ihren Saft nur mühsam frei. Als Belohnung offenbaren reife Sangiovese-, Cabernet- oder Rieslingtrauben eine Ahnung vom späteren Geschmack der Weine. Auch Nikolaus Moser, der Chef des berühmten österreichischen Weingutes, probiert seine Keltertrauben – um den Erntezeitpunkt festzulegen: »Der reife Geschmack der Trauben ist noch wichtiger als die Untersuchung im Labor«, meint Moser. »Tafeltrauben sollen groß, süß und knackig sein. Der Saft muss leicht herausrinnen, Kerne stören beim Essen. Die weiße Sorte Thompson Seedless und die rote Alphonse Lavallé sind wegen solcher Vorzüge beliebt. Aber auch einige Keltertrauben finden Sie im Obstladen.« Die Familie der Muskat- oder Muskatellertrauben ist groß. In Italien wächst der Moscato, in Ungarn Tokajer, Moser keltert einen leichten, fruchtigen Muskat-Ottonel.
Muskat-Tafeltrauben sind größere, festere Sorten mit weniger Kernen – im Geschmack ähneln sie ihren kräftigeren Geschwistern. Trollinger-Trauben kommen unter einem Pseudonym auf den Markt: Black Hamburg. Gutedel (Schweiz: Fendant, Frankreich: Chasselas) hat das nicht nötig. Weißer und roter Gutedel reüssieren heute als globale Tafeltrauben. Traubensaft wird übrigens aus einfachen, aber respektablen Rebsorten wie Veltliner, Müller-Thurgau, Portugieser oder Zweigelt gepresst – nur leider aus minderwertigen Lagen mit zu hohen Erträgen.
GUTEDEL-GRANITA 125 g Zucker und 100 ml Wasser aufkochen, abkühlen. 500 g Gutedel- oder Muskattrauben waschen, mit Saft und der abgeriebenen Schale einer BioZitrone, 2 Minzeblättchen und dem Zuckersirup pürieren. Durch ein Sieb streichen oder mit einer Flotten Lotte passieren. In einem flachen Gefäß über Nacht einfrieren. Mit einem Esslöffel dicke Flocken vom krümeligen Eisblock schaben und in Gläser füllen. Mit Gutedel- oder Muskatellerwein auffüllen und mit halbierten (entkernten) Trauben garnieren. Als Sommerdrink oder nach einem leichten Essen mit einem langstieligen Löffel sofort servieren.