Schmandgepäck

Die Sicherheitskontrolle am Flughafen kann einen stressen. Was, wenn man noch eine Flüssigkeit in der Tasche hat, die da nicht reingehört?

Foto: Erli Grünzweil

Manchmal quillt das Leben über mit unberechtigten Sorgen, aber das Schöne ist ja, wenn man lange genug grübelt, wird jede Sorge berechtigt. So sorge ich mich, wenn die Supermarktkas­siererin so schnell kassiert, dass ich den Einkauf meines Hintermenschen noch bezahlen muss. Wenn ich shoppen bin, sorge ich mich, dass die Sicherheitsschranke bei H&M losheult, auch wenn ich keiner Crop-Tops mopsenden Teenagergang angehöre. Nichts davon trifft je ein, aber um Logik geht es hier nicht!

Am meisten sorge ich mich an der Sicherheitskontrolle am Flughafen. Ich bin schon oft geflogen. Beim Eiertanz mit den Herren der Sicherheit bin ich quasi die Ballkönigin. Trotzdem packt mich immer wieder eine leichte Panik, weil ich denke, dass in der Tasche doch etwas drin sein könnte, was nicht reingehört. Diesmal am Flug­hafen Zürich.

Ich schleiche an den armen Schluckern vorbei, die sich vor der Kontrolle noch ihr Wasser reinknallen, schnelles Watern vor dem Boarding sozusagen. Herrschen ja auch Guantánamo-ähnliche Verhältnisse hier: FLÜSSIGKEITEN RAUS! LAPTOPS HER! SCHUHE AUS! Aber ist ja berechtigt. Könnte jeder ein Terrorist sein. JEDER! Und jede.

Meistgelesen diese Woche:

Auch die rüstige Erika mit der Handtasche voller Hotelcon­ditioner, welche aus Protest mitgenommen wurden, weil a) kostenlos und b) die Flughafensecurity ihren Con­ditioner beim Hinflug einkassiert hatte. Bei aller Vorsicht glaube ich, es ist der beste Verkaufstrick der Welt: An der Kontrolle nehmen sie einem das Shampoo weg, nur um im Duty-Free-Shop Shampoos anzubieten. Manchmal sogar genau das gleiche.

Eine Verkörperung des Wortes »fies« nimmt mich ins Visier. Der Mann deutet auf meine Tasche. »Gehört die Ihnen?« Äh, ja. »Bitte aufmachen.« Während der Schrank in meiner Tasche wühlt, schwelge ich in Zeiten, als das Fliegen schöner war. Geheimnisvoll. Früher konnte man Oma sogar noch am Gate ab­holen. Am Gate! Heute dauert selbst die Ankunft so lange, dass man Sorge hat, Großmutter könnte in der Zwischenzeit gestorben sein und auf dem Rollband mit den Koffern ihre Kreise drehen.

»Was ist das?«, fragt der Schrank und hält einen kleinen Plastikbecher hoch.

Kurz brauche ich, um selbst zu realisieren, was das ist. Ach du Schande. Weil ich ein weiches Herz habe, nahm ich einige Reste aus meinem Kühlschrank mit. Eine Gurke, etwas Dill, und da ich letztens ein illegal schmackiges Salatdressing entdeckt hatte, auch noch …

»Ähm, Schmand«, sage ich leise. Er sieht mich an, als hätte ich ihm eine Stange Plastiksprengstoff hingeworfen. »Der macht immer Ärger«, versuche ich es noch und lache verzweifelt. »Den Halbrahm können Sie nicht mitnehmen.« – »Aber es ist Schmand, der ist fest! Hieb- und stichfest!« – »Nein, auch Streichbares ist verboten.«

Ich biete an, den Schmand zu probieren. Argumentiere mit dem Aggregatzustand, Sahneverbot verstehe ich ja noch, aber bei Ricotta würde doch auch niemand meckern. Längst geht es nicht mehr um den Schmand, es geht ums Prinzip! Aha, also eine 120-Milliliter-Flasche ist verboten, weil da ja irgendeine gefährliche Giftbrühe drin sein könnte, aber zweimal 60 Milliliter sind erlaubt, hä?

Der Sicherheitsmann drückt den Becher an sich und streckt warnend eine Hand aus. Noch ein Schritt, noch ein Wort, und der Kerl ruft nach Verstärkung und ich nach meiner Mama. Ich gebe mich geschlagen. Der Mann schmeißt das Gefahrengut weg. In die Tonne neben mir. In einem überfüllten Raum am Flughafen. Aber um Logik geht es ja hier nicht.