»Wie alle wissen, geht es der Bahn schlecht, vor allem finanziell, was zu einer ›self-fulfilling prophecy‹ wird – man spart noch mehr, es wird alles noch schlimmer und so weiter. Neulich schickte ich meine Tochter zum ersten Mal allein mit dem Zug nach Regensburg, der Zug hatte dann drei Stunden Verspätung. Soll ich das jetzt geltend machen? Oder lieber der Bahn schenken, damit nicht alles noch schlimmer wird?« Thomas B., München
Was sind die Menschen doch verschieden. Sie möchten dazu beitragen, der Bahn, zum Wohle aller, zu helfen. Ich dagegen fülle noch während des Fahrens das Fahrgastrecht-Formular für die mir zustehende Entschädigung aus und warte ungeduldig auf den Moment, es absenden zu können, der nämlich erst gekommen ist, wenn der Zug am Zielbahnhof angekommen und die Verspätung somit final vollbracht ist (liegt die Ankunft in der Zukunft, lässt sich das Formular nicht absenden). Die edlere Gesinnung haben natürlich Sie. Aber ich frage Sie: Warum wollen Sie einem Konzern etwas schenken, der Ihnen – uns allen – so viel Ärger macht? Denn das bisschen, was Sie nicht als Entschädigung fordern, ist für Sie ja ein ungleich größerer Verlust, als dieser Betrag der Deutschen Bahn weiterhelfen würde. Und ich frage gleich weiter, wo Sie denn dann die Grenze ziehen. Wenn Sie der Bahn helfen wollen, im Sinne des Gemeinwohls, könnten Sie genauso gut Zeitungsverlagen Geld überweisen, denn eine bessere politische Bildung schützt Demokratien. Oder Banken unterstützen, nicht dass uns da allen wieder eine Finanzkrise droht. Ich meine das gar nicht ironisch, sondern: Warum ausgerechnet die Bahn? Die wird von Topmanagerinnen und wichtigen Herren geleitet, die dafür sehr gut bezahlt werden. Sollen die doch, mit Verlaub, als Erste etwas von ihrem eigenen Geld in das von ihren Vorgängern heruntergewirtschaftete Unternehmen stecken.
Halt, ich muss hier leider das Thema wechseln, weil ich mir geschworen habe, keine negativen Gefühle in die Deutsche Bahn zu stecken. Bringt ja nichts. Muss man hinnehmen wie Unwetter. Oder, um mit einem sehr bekannten Gebet zu enden: »Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.«