Die lästige Hinterbliebene

Die Lebensgefährtin seines verstorbenen Freundes mag unser Leser leider nicht besonders. Sollte er sich trotzdem ein wenig um sie kümmern?

Illustration: Serge Bloch

»Kürzlich ist mein bester Freund verstorben. Er hatte eine Lebensgefährtin, zu der ich überhaupt keine Beziehung habe und die ihm meiner Meinung nach nicht gutgetan hat. Sie hat ihn in seinen Aktivitäten eher eingeschränkt, als mit ihm etwas zu unternehmen. Nach seinem Tod ist sie jetzt sehr isoliert und sucht den Kontakt zu mir und meiner Frau. Muss ich mich aus Pflichtgefühl gegenüber dem verstorbenen Freund um sie kümmern, wenn uns nichts verbindet außer dem Verstorbenen?« Anonym, per Mail

Jeder Mensch geht mit Trauer anders um. Vielleicht sucht die Lebensgefährtin Ihres verstorbenen Freundes den Kontakt zu Ihnen weniger, weil sie isoliert und einsam ist. Sondern weil sie hofft, durch die Begegnung mit Ihnen diesem Menschen, den Sie beide geliebt haben und andersherum, dadurch nahe zu bleiben. Jedenfalls näher, als sie es mit anderen Menschen wäre, die ihn nicht kannten. Vielleicht täte es ihr gut, wenn man so will, gemeinsam zu trauern, auch wenn gemeinsames Trauern natürlich eine Illusion ist, da muss jeder allein durch, auf die eigene Weise. Aber was wäre das Leben ohne Illusionen.

Das heißt noch lange nicht, dass für Sie irgendeine Verpflichtung besteht, sich nun um diese Frau zu kümmern. Sie müssen sie noch nicht einmal treffen. Sie scheinen sie zu Lebzeiten Ihres Freundes schon nicht gemocht zu haben, warum sollten Sie nach dessen Tod mit ihr umgehen? Die meisten Menschen wählen sich ihre Freunde nach anderen Prinzipien als ihre Lebenspartner (übrigens oft ein Fehler), weshalb die eine Seite die andere nicht immer versteht.

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Aber nur mal als Vorschlag: Wenn Sie das Pflichtgefühl aus der Sache rausnehmen, den Druck, sich da jetzt irgendwie verhalten zu müssen, und stattdessen den Gedanken ausprobieren, wie es wäre, wenn Sie diese Frau nicht vielleicht doch einmal zu sich nach Hause zum Essen einladen? Könnte es nicht sein, dass Ihnen diese Tat das schöne Gefühl verleihen würde, Ihrem Freund damit einen Gefallen zu tun? Und Sie haben ja immerhin Ihre Frau an der Seite. Mit der Sie anschließend, sollte es blöd werden, besprechen können, dass die Wahl Ihres Freundes Ihnen nunmehr für immer ein Rätsel bleibt. Ich möchte einfach nur zu bedenken geben, dass man manchmal die Chancen nutzen sollte, die einem den Gedanken ermöglichen, ein guter Mensch zu sein.