»Zu unseren Nachbarn haben wir ein gutes Verhältnis. Wir laden uns manchmal gegenseitig zum Essen ein, und unsere Kinder sind befreundet. Jetzt planen sie in ihrem Haus einen größeren Umbau, unter anderem wird ein neuer Boden gegossen. Wir verreisen für drei Wochen, und nun haben unsere Nachbarn gefragt, ob sie in dieser Zeit, während bei ihnen der Boden aushärtet, bei uns wohnen können. Wir haben kein gutes Gefühl, es ist so privat, vor allem Schlaf- und Kinderzimmer. Gleichzeitig haben wir Sorge, mit einer Ablehnung das gute Nachbarschaftsverhältnis zu gefährden. Wie können wir die Situation elegant lösen?« Daniel G., Köln
Stellen wir uns die Situation umgekehrt vor. In Ihrer Wohnung ist ausgerechnet dann Baustelle, wenn Ihre Nachbarn, mit denen Sie ein gutes Verhältnis haben, verreist sind. Sie fragen also, ganz höflich, ob Sie in dieser Zeit vorübergehend bei ihnen schlafen könnten: Die sagen Nein. Es gibt dafür keinen anderen Grund, als dass die das einfach nicht so gerne möchten. Da sind nicht etwa schon andere Gäste, die früher gefragt haben, es stehen auch in deren Wohnung keine Baumaßnahmen an – sie steht genau in der Zeit, in der Sie eine Unterkunft brauchen, leer. Mit genug Schlafmöglichkeiten für Ihre ganze Familie. Wie fänden Sie das? Das einzige Wort, das mir dazu einfällt, ist: arschig. Wobei ich dazusagen möchte, dass ich Sie schon verstehen kann. Nur müssen Sie hier über Ihren Schatten springen. Es ist sonst zu unfreundlich, egoistisch, kalt. (Ich kenne jemanden, der würde sagen: zu deutsch).
Oder stellen Sie sich die Situation als Film vor. Würden Sie sich lieber mit der Familie identifizieren, die zu Ihren Nachbarn sagt: Sorry guys (es ist ein amerikanischer Film) – we like you but we don’t want you here. Und jetzt stellen Sie sich vor, wie der Mann, gespielt von Tom Hanks, und seine Frau (Meg Ryan oder Halle Berry oder Julia Roberts) sagen: Welcome, feel at home, here are fresh towels. Das ist doch viel netter. So will man doch sein. Wenn Ihnen weiter an einem guten Verhältnis gelegen ist, gibt es nur diese Möglichkeit. Ich halte sie auch für ziemlich elegant.
Und das Ganze trifft Sie ja nicht unvorbereitet: Räumen Sie vor Ihrer Abreise alles so auf und hin und weg, dass es Ihnen nicht mehr zu intim erscheint, wenn sich während Ihrer Abwesenheit andere dort aufhalten. Und dann atmen Sie tief durch – und fahren mit dem guten Gefühl in die Ferien, nette Menschen zu sein.