Mein Tascheninhalt geht niemanden etwas an! Oder?

Vor vielen Veranstaltungen kontrollieren Security-Mitarbeiter die Taschen der Gäste. Was, wenn man sich dadurch in seiner Privatsphäre verletzt fühlt? Unsere Kolumnistin weiß die Antwort.

Illustration: Serge Bloch

»Neulich wollte ich in eine Ausstellung gehen. Vor dem Haupt­eingang standen zwei Menschen eines privaten Security Service. Sie forderten mich – freundlich – auf, sie in meine Umhängetasche blicken zu lassen. Das wollte ich nicht. Nach kurzem Gespräch dann doch. Vor längerer Zeit gleiche Situation vor dem Eingang zu einer Berliner Lesebühne. Dieser Security-Mit­arbeiter jedoch griff in meine Tasche, was ich mir verbat. Alle haben sich auf das Hausrecht berufen. Aber ist das ›hausrechtens‹? Steht nicht das Persönlichkeitsrecht über dem Hausrecht?« Jürgen B., Augsburg

Hier ist er wieder: der gute, alte und von uns allen ständig begangene Fehler, auf die Welt zu gucken, als wäre man ihr Zentrum. Und damit möchte ich Ihnen nicht zu nahe treten, es ist eine zutiefst menschliche Denkweise, nur führt sie eben oft zu Verdruss. Was Sie angeht, der Sie in bester Absicht eine Ausstellung oder Lesung besuchen, mit ein paar privaten Habseligkeiten in der Tasche, die nun wirklich niemanden etwas angehen, ist es, da möchte man Ihnen Recht geben, natürlich schon eine Frechheit, dass man Sie dazu nötigt, den Inhalt Ihrer Tasche vorzuzeigen. Schlimmer noch: jemanden hineingreifen zu lassen. Aber Sie sind eben nur ein Mensch unter ganz vielen, und nicht alle, die zu einer öffentlichen Veranstaltung gehen, haben zwangsläufig gute Absichten. Im Falle von Flugreisen sind Sie sich dieses Umstandes vermutlich bewusst und lassen sich, vielleicht nicht gern, aber ohne Gegenwehr, abtasten und durchleuchten. Da erscheint es einleuchtend, das Risiko minimieren zu wollen, dass ein Passagier Sprengstoff dabei hat oder ein Messer oder, keine Ahnung, Benzin. Dass so etwas vorkommen kann, ist spätestens seit 2001 bekannt.

Na ja, und genau so, nur im Kleinen, verhält es sich eben auf Lesungen. Man versucht vonseiten des Veranstalters, dafür zu sorgen, dass alle Besucher sicher sind oder sich wenigstens sicher fühlen. Museen darf man neuerdings nicht mehr mit größeren Taschen oder Jacken betreten, in denen sich Tomatensuppendosen befinden könnten, mithilfe derer irgendjemand ein Zeichen setzen will. Versteht man.

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Natürlich ist es unangenehm, derart unter Generalverdacht zu stehen. Aber so ist das eben, der Mensch ist nicht immer ein nettes Wesen, aber es gibt ein paar Nette, und um die zu schützen – und uns selbst –, halten wir zähneknirschend unsere geöffneten Taschen hin.