»Zu Hause, bei Freunden oder in Restaurants setze ich mich zum Pinkeln selbstverständlich hin. Bei verschmutzten öffentlichen Toiletten, etwa in Clubs oder in der Bahn, folge ich aber oft dem Vorbild meiner Vorgänger und stehe, weil ich mich nicht ins Nasse setzen möchte. Dabei sind meine Fähigkeiten im schaukelnden Zug oder im schaukelnden Zustand nicht besser als die anderer Herren, und ich trage meinen Teil zur Verschmutzung bei. Frauen haben diese Möglichkeit nicht, weshalb ich mich frage, was ich besser machen könnte. Oder besser: wie wir Männer besser handeln könnten.« Anonym, per Mail
Lieber anonymer Zusender dieser außerordentlich höflichen Frage, ich werde Ihnen jetzt ein Geheimnis verraten: Frauen, so beschränkt sie anatomisch auch sein mögen, was das exakte Zielen des Urinstrahls angeht, geben sich verschmutzt vorgefundenen Toilettensituationen nicht einfach passiv hin, sondern tragen im Gegenteil engagiert zu ihrer Verschmutzung bei. Viele Frauen nämlich setzen sich unter keinen Umständen jemals auf eine nasse oder verdreckte Klobrille, denn auch sie kennen beim Betreten verdreckter Bahntoiletten Gefühle von Ekel bis Angst.
Doch Frauen, und jetzt kommt’s, können durchaus auch im Stehen pinkeln. Nur blicken sie dabei, anders als Männer, nach vorne, in Richtung Tür, während ihr Gesäß dicht über dem Toilettensitz schwebend verharrt. Nennen wir es eine gehaltene Schwebstellung. Und bei dieser geht natürlich hin und wieder was daneben. Denn der Zug fährt ja. Und wackelt. Und bremst plötzlich. Oder fährt, nachdem er eine halbe Stunde lang stillstand – wegen eines defekten Stellwerks, Personen im Gleisbereich, eines vorausfahrenden Zuges, einer defekten Tür oder weil man sich, wie ich kürzlich erlebte, bedauernswerterweise verfahren habe – urplötzlich wieder an. Das ist also schon mal nicht leicht. Eine andere Methode, mit der Frauen Körperkontakt mit einer verdreckten Toilette vermeiden, sieht den Einsatz einer selbst gebastelten Papierunterlage vor, die je nach Geschicklichkeit und Eile mal besser, mal schlechter angebracht wird, wobei es auch hierbei zu ungewollten Spritzern kommen kann. Außerdem plumpst so ein nasses Stück Papier auch schon mal zu Boden, na ja, und so weiter und so fort.
Grämen Sie sich also nicht allzu sehr. Das Pinkeln in fahrenden Zügen ist für alle Menschen schwierig. Was uns aber nicht davon abhalten sollte, das Leben in vollen Zügen zu genießen.