Lebensbejahend und ironisch

Ein Rock soll durch Europa gehen: Fans wollen den Song »Save a prayer« der Eagles of Death Metal, die am Freitag im Pariser Bataclan spielten, zur Nummer eins der Charts machen. Eine hilflose Geste? Im Gegenteil.

Wenn es irgendwie ginge; wenn es nicht tödlich wäre; wenn man nicht die jämmerlichste Angst der Welt hätte – dann würde man jetzt gern in einem großen Cabriolet an den Lagern der IS-Kämpfer vorbeifahren und so laut wie möglich Eagles of Death Metal hören. Mit voller Wucht die Musik der Band dröhnen lassen, deren Name für immer mit dem unfassbaren Gemorde im Pariser Bataclan verbunden sein wird. Aufdrehen wie eine Vorstadt-Clique am S-Bahnhof, die Arme über die Autotüren hängen lassen, den Finger zeigen, mit 100 Dezibel eins von den richtig guten, überdrehten, ultra-ironischen, übermütigen Rock'n'Roll-Stücken aufdrehen und die Texte mitgrölen. Sowas lebensbejahend Prolliges wie »Yes I ride the lightning yes I'm on the go / And when I go down slow I need more power now / It keeps me damn lucky yes I just won't stop / I'm lit to pop oh yes I got the power now«.

Nur ein Traum. Songs gegen Waffen. Und doch – der Aufruf, den englische Fans jetzt auf Facebook gestartet haben, gibt uns auf gewisse Weise die Möglichkeit. »Save A Prayer«, ein Song vom neuen Album der Eagles of Death Metal, soll es auf den ersten Platz der Charts schaffen. Am besten in ganz Europa. Auf der Faceboook-Seite »Eagles for Death Metal for No. 1« heißt es, das solle ein »Zeichen des Friedens, der Liebe und der Unterstützung« sein. Eine hilflose Geste? Nein. Eine der stärksten, die im Moment möglich sind. Singen, feiern, rocken. Jetzt erst recht.

Dass dabei ausgerechnet diese Band zum Symbol wird, passt perfekt. Nach gegenwärtigem Stand der Informationen ist es eher unwahrscheinlich, dass die Attentäter speziell die Eagles of Death Metal meinten, es war wohl eher ein Zufall, dass gerade diese Band an dem Abend ihr Paris-Konzert gegeben hat. So aber hat es, mitten in all dem blutigen Ernst, ausgerechnet die unernsteste Band von allen getroffen. Die Eagles Of Death Metal sind eine einzige große - und großartige - Rock-Parodie. Einer trägt einen Walross-Schnauzbart, ein anderer sieht aus wie der Weihnachtsmann. Sie geben sich alberne Pseudonyme (»Baby Duck«) und verkleiden sich gern als Star-Trek-Figuren. Sie spielen überdrehten Rock'n'Roll und singen mit breiter Ironie Texte, die die ältesten Rock-Klischees verwursten, Alkohol, wilde Frauen, dicke Autos. 50 Jahre Rock'n'Roll-Geschichte, kondensiert in einer Art Cartoon-Version. Die Band steht nicht für westliche Dekadenz, sie veralbert sie. Anders gesagt, sie steht für einen besonderen Wert der zivilisierten Welt: Wir haben es gut, wir müssen nicht alles blutig ernst meinen. Wir dürfen über uns selbst lachen.

Und genau deshalb wäre es ein gutes Zeichen, »Save A Prayer« – zu allem Überfluss auch noch eine Cover-Version des alten Hits von Duran Duran! – auf Platz eins der Charts zu heben. Denn seit dem 13. November 2015 stehen die Eagles of Death Metal auch für das selbstverständliche Recht des Menschen, sich über alles lustig zu machen. Über Meinungen. Über Religionen. Und sogar über die Albernheiten des eigenen Rockertums.

It keeps me damn lucky yes I just won't stop.

Singt weiter!

Foto: Gettyimages / Kevin Winter