2000 Angestellte, etwa zehn Millionen Besucher jährlich, das größte Museum der Welt – Direktor des Louvre zu sein, ist eine Position, die sich Jean-Luc Martinez in seinen wildesten Träumen nicht hat vorstellen können, als er als Kind spanischer Einwanderer in der Pariser Vorstadt aufwuchs. Sein Vater arbeitete als Briefträger, seine Mutter als Hausmeisterin. Er hat den Posten nun seit vier Jahren inne.
»Vom Ghetto in den Louvre« hieß es sinngemäß in den französischen Zeitungen, als er berufen wurde. Martinez, der mit elf Jahren mit seiner Klasse zum ersten Mal den Louvre besuchte, war als Schüler sehr ehrgeizig und erfolgreich. Nach dem Abitur studierte er Archäologie und Kunstgeschichte, lehrte Geschichte an der École du Louvre, fing 1997 als Konservator im Louvre an und übernahm zehn Jahre später die Leitung der Abteilung für griechisches, etruskisches und römisches Altertum.
Zu einem großen Weisen habe es Martinez in dieser Zeit gebracht, sagen seine Mitarbeiter. François Hollande war es dann, der ihm die Leitung des gesamten Museums anvertraute. Im Interview mit dem SZ-Magazin spricht sich Martinez enthusiastisch dafür aus, dass die Kunst den Menschen auch jenseits des Bildungsbürgertums zugänglicher gemacht werden muss. Dass Museen dazu da sind, den Menschen ihre Ängste, ihre Befangenheit, ihre Unzulänglichkeitsgefühle zu nehmen und sie nicht zu schüren. Und dass jeder, ob er nun Ahnung von Kunst hat oder nicht, das Recht hat, Werke zu mögen oder nicht zu mögen.
Martinez weiß, dass die Hälfte der Besucher des Louvre vor allem herkommt, um die Venus von Milo oder die Mona Lisa zu sehen und sich oder ihre Liebsten davor oder daneben zu fotografieren. Er weiß auch, dass immer wieder Selfieverbote gefordert werden, von Menschen, die finden, man könne die berühmten Werke in den Museen nicht mehr in Ruhe genießen, und den Tod des Museums durch das virtuelle Bild vorhersagen. Doch die Kunst-Postkarte, sagt Martinez darauf, war auch nicht der Tod des Museums. »Man macht den Menschen nicht Lust aufs Museum, wenn man ihnen ständig etwas verbietet«, sagt er. »Ich habe keine Lust, einen Negativdiskurs über die Gegenwartskultur und das digitale Zeitalter zu führen. Das ist mir zu ineffektiv.« Dann hebt er an zu einem positiven Diskurs über den Narzissmus der Selfie-Generation und über den Narzissmus der gesamten abendländischen Kunst.
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Foto: Gettyimages / John Thys