Der Wald erfülle das Herz der Deutschen »mit tiefer und geheimnisvoller Freude«, schrieb Literaturnobelpreisträger Elias Canetti in seinem Großessay »Masse und Macht«. In keinem modernen Land der Welt sei das Waldgefühl so lebendig geblieben wie in Deutschland.
So richtig lebendig macht der Wald aber leider nur noch wenige. Neben den sonntäglichen Spaziergängern, natürlich auch die Pfadfinder oder diejenigen, die gerne Bäume umarmen. Aber auch immerhin 15 Prozent der Menschen, die für einen Quickie in den Wald gehen. Genauer gesagt: auf einen Hochsitz.
Der gehört zu den beliebtesten Orten für ein Stelldichein von über 1000 Befragten einer Online-Umfrage vom Mai dieses Jahres. Der Hochstand oder Ansitz bietet sich für den schnellen Sex unterwegs durchaus an: Ein paar Sprossen hochgekrabbelt, schon hat man ein Separee mit schöner Aussicht auf Bäume und Wiesen. Man verbrennt sich nicht den Rücken an Brennnessel oder Riesen-Bärenklau und verärgert keine Ameisen-Kolonien, außerdem ist es bequemer. Zwar kann es schon mal zugig sein dort oben und große Stellungswechsel sind auch nicht drin. Aber die fallen ja manchmal aus, obwohl man daheim eine ganze Liegelandschaft um sich hat. Eng kann es auch während der Dämmerung werden, doch welcher Jäger würde einem Paar nicht gern sein Holzkasterl räumen, um ihm einige schöne Minuten zu gewähren?
Ein Jammer nur, dass sich auch andere an flach gelegten Hochsitzen erfreuen. Tierschützer und Jagdgegner nämlich, die die Holztürme umwerfen, ansägen, in die Luft sprengen und niederbrennen. Auf Seiten wie anti-jagd.blog.de brüsten sie sich dann mit ihren »Tieflegungen«, wie sie das nennen.
Liebe Tierfreunde, höchste Zeit, zur Besinnung zu kommen! Da gehen eh nur noch ein paar wenige Hansel in den Wald, um dort Spaß zu haben, und dann finden sie statt eines Hochsitzes nur ein paar zerhauene Latten? Nach dem sauren Regen haben wir es womöglich bald mit sauren Pärchen zu tun. Es könnte zum Äußersten kommen: Protestbanner mit Sprüchen wie »Erst wenn der letzte Hochsitz gerodet, werdet ihr merken, dass man Sex im Wald bequemer nicht haben kann«? Und seht es doch mal so: Wenn es knarrt und ächzt auf dem Hochsitz, dürfte auch kein Reh blöd genug sein, in der Nähe zu äsen.
Es gibt noch einen wichtigen Grund, warum der Sex im Wald absolut schützenswert ist, und der dürfte ganz in eurem Sinne sein: die Umwelt! Die meisten der Quickie-Befragten haben vor allem im Auto oder an Orten ungeplanten Sex, die man nur mit einem Auto besucht wie die Waschanlage, das Parkhaus oder das Autokino.
Also raus aus der Karre, ab in den Wald. Statt blauer Flecken von Lenkrad und Handbremse lieber einen Holzsplitter am Po. Die Jagd kann beginnen. Halali!
Illustration: Eugenia Loli