Es gibt Neuigkeiten aus dem Themenbereich »Alles beim Alten im Kosmos der heterosexuellen Anziehung«. Die Psychologin Wendy L. Patrick berichtet in Psychology Today über die Forschung, die einige ihrer Kollegen beim Speed-Dating gemacht haben. Speed-Dating ist unter Anziehungsforscherinnen und -forschern beliebt, weil sie hierbei in kurzer Zeit eine Vielzahl von Daten sammeln können und anders als bei Langzeitstudien noch rechtzeitig zum Abendessen wieder zu Hause sind. Die Forschung hat ergeben, dass eine ganz spezielle Art von Aufmerksamkeit besonders attraktiv ist: »die Fähigkeit, jemandem auf achtsame Weise Aufmerksamkeit zu schenken, also absichtsvoll, im gegenwärtigen Augenblick, ohne den anderen dabei zu beurteilen«, so die Zusammenfassung. Oder genauer gesagt, in den Worten der Autorin: »Die Studienergebnisse zeigten, dass Männer körperlich attraktive Frauen bevorzugten, unabhängig davon, ob die Frauen aufmerksam waren oder nicht, während Frauen aufmerksame und achtsame Männer höher wertschätzen als gut aussehende.« Oder noch einfacher gesagt, in unseren Worten: Frauen fühlen sich von Männern angezogen, die gut zuhören oder es täuschend echt simulieren können, Männer von Frauen, die gut aussehen.
Hierzu ein paar vorsichtige Anmerkungen.
Erstens: Wenn das europäische Rechtssystem nicht so grundsolide, sondern eher archaisch und bizarr wie in den USA wäre, müsste man als heterosexueller Mann eigentlich langsam eine Sammelklage erwägen gegen die anonyme Kohorte heterosexueller männlicher Studienteilnehmer, die sich immer so wahnsinnig klischeehaft verhalten, dass am Ende jedes Mal so was dabei rauskommt. Leute, es wird langsam rufschädigend.
Zweitens: Als Unbeteiligter erlebt man in Lokalen hin und wieder, dass am Nachbartisch ein Mann und eine Frau beim offenbar ersten, höchstens zweiten Treffen sitzen. In den meisten Fällen redet dabei der Mann deutlich mehr als die Frau. Der Mann spricht entweder über die Vor- und Nachteile bestimmter Fluglinien, Fernsehserien oder Bachelor-Studienorte (altersbedingt), oder er redet von sich, wie Horst Seehofer über die Heimat spricht: in salbungsvollem, aber immer auch seltsam angeschmolltem, passiv-aggressivem Verlautbarungston, oft eingeleitet durch »Ich bin ja kein Mensch, der ...« oder »Bei mir ist es ja so, dass ...«. Es erfüllt uns mit großer Erleichterung, dass diese Art von Mann nun also nicht nur anekdotisch unanziehend ist, sondern wissenschaftlich belegt.
Drittens: Um diese Paarungswilligen vor sich selbst zu schützen, wäre es möglicherweise sinnvoll, in der Gastronomie dezente Hinweisschilder anzubringen. In der selben unsterblichen Typografie-Mischung, in der seit Menschengedenken im Silberrahmen »Für Garderobe keine Haftung« angebracht steht, aber mit den Worten: »Zuhören macht schön«. Es könnte vielleicht einsickern im Laufe der Jahre und würde dann auch insgesamt die Welt ein bisschen attraktiver machen.
Illustration: Eugenia Loli