Hausfreund aus Silikon

Nach weiblichen Sexpuppen sollen nun auch männliche Sexroboter auf den Markt kommen. Unsere Kolumnistin kritisiert, dass die wichtigsten Funktionen leider vergessen wurden.

Die Firma Realbotix, die mit lebensechten weiblichen Sexrobotern bereits Erfahrungen gemacht hat, bringt nun erstmals einen männlichen Sexroboter für Frauen auf den Markt, der – laut Einschätzung des Firmenchefs – Männer aus Fleisch und Blut im unmittelbar bevorstehenden globalen Matriarchat gänzlich obsolet machen wird. Rund 15.000 Dollar müssen interessierte Kundinnen für einen individuell konfigurierten Sexdroiden ausgeben. Dafür bekommen sie nicht nur eine echte Technikgranate im Bett, sondern einen lebensechten Silikongefährten, der dank künstlicher Intelligenz über erstaunliche Konversationsfähigkeiten verfügen soll, also kurz noch mal nachfragt, wie denn der Tag im Büro so war und  hier und da vielleicht noch ein Kompliment macht, bevor er seiner Besitzerin sexuell gefällig ist. Hierbei soll der männliche Sexroboter ausdauernd und lernfähig sein, auf Kommandos hören, Vorlieben speichern, und sich außerdem immer mal wieder versichern, ob »es« denn »gut so« sei.

Seit Jahrzehnten wird uns Sex mit Robotern als geradezu unabwendbares Schicksal verkauft, als das nächste große Ding im Erotikbereich, etwas, das uns in ein paar Jahren vollkommen selbstverständlich vorkommen wird. Und seit Jahrzehnten fragt sich die Menschheit: Sex mit Robotern – was soll das? Ist der Roboter nicht eigentlich erfunden worden, um uns Menschen vom Joch der Arbeit und der lästigen Alltagstätigkeiten zu befreien? Gut, ein wenig freundliche Konversation und eine gewisse Lernfähigkeit in Liebesdingen ist mehr als manche Frauen von ihrem Partner erwarten können, dennoch ist es wirklich ärgerlich, dass sich die doch angeblich so zukunftsträchtige und innovative Roboterbranche mit all ihren Fortschritten in Sachen künstlicher Intelligenz stets auf die falschen Lebensbereiche konzentriert. Der Saugroboter und der Rasenmähroboter können doch nur erste Schritte gewesen sein.

Wenn es möglich ist, derart menschenähnliche Roboter zu erschaffen, warum dann nicht gleich ein paar Systemupdates, die den künstlichen Hausfreund auch wirklich nützlich machen? Nur minimale Softwareänderungen wären nötig, um die bislang einzig auf Sex ausgerichtete Smalltalkfähigkeit des Roboters zu nutzen, um den Mietshaus-internen DHL-Pakete-Austausch mit den Nachbarn abzuwickeln und Anrufe auf dem Festnetztelefon zu beantworten, die ohnehin nur noch von Eltern, Schwiegereltern oder Umfrageinstituten kommen.

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Sein prächtiger Roboterpenis könnte beim Sortieren von Steuerbelegen und Kindersocken sowie beim Falten von Wäsche als eine Art dritte Hand von Nutzen sein, vielleicht sogar bei der Beseitigung hartnäckiger Rohrverstopfungen im häuslichen Sanitärbereich. Seine unbewegte Mimik macht ihn zum perfekten Elternabendbesucher, sein Robotergehirn könnte mit dem Thermomix und der Kaffeemaschine synchronisiert werden, so dass nach kurzer Trainingsphase intuitiv zum richtigen Zeitpunkt das richtige Genussmittel serviert wird, ohne, dass man extra darum bitten müsste. Seine taktilen Fähigkeiten darf der Sexroboter gern dazu benutzen, uns die Füße zu massieren, während wir auf dem Sofa Serien wegbingen, da darf er gern auch ab und zu nachfragen, ob »es« denn »gut so« sei und sich merken, wann genau wir »fester«, »langsamer«, »ja, mach so weiter« stöhnen.

Für alles andere werden heterosexuelle Frauen auch weiterhin menschliche Männer bevorzugen, die beim Sex riechen und schmecken und sich anfühlen wie Männer es eben tun, auch wenn sie sich manchmal dusslig anstellen. Und falls kein echter Mann verfügbar beziehungsweise erwünscht ist, haben kundige Visionäre schon vor mehr als hundert Jahren den Vibrator erfunden, der alles kann, was Frauen zum kommen brauchen.

Für den Rest haben sie nämlich das, was den Sexroboterentwicklern im Silicon Valley ganz offenbar fehlt: Fantasie.

Illustration: Eugenia Loli