Bei der traditionellen Martinsgans ist für meinen Geschmack das Verhältnis zwischen Haut und Fleisch ungünstig, viel zu wenig knusprige Haut ist an so einem großen Vogel dran. Im Kern ist das ein geometrisches Phänomen: Eine Kugel mit dreifachem Gewicht hat nur die doppelte Oberfläche - und Gänse sind nun einmal ziemlich große Vögel. Deshalb kommt in meinen Ofen eher eine schöne, saftige Martinsente von einem guten Biobauern. Wenn ich sie im Ganzen brate, dann immer noch so, wie ich es während meiner Kochlehre im Schwabenland gelernt habe: Erst liegt die Ente auf einer Seite in ihrem gusseisernen Bräter, dann auf der anderen Seite und zuletzt auf dem Rücken. Wenn die Bruststücke perfekt gegart sind, brauchen die Keulen noch ein wenig länger. Ich serviere also die Brustfilets und schiebe gleichzeitig die Keulen noch eine Viertelstunde in den Ofen. Dazu Knödel, Blaukraut, Sauce – wunderbar.
Doch immer wieder habe ich mich gefragt, warum in asiatischen Restaurants Enten noch viel knuspriger werden als in meinem Ofen. Die Antwort ist: Es liegt nicht an besonders komplizierten Samurai-Kochtechniken, sondern an einer zeitsparenden Arbeits-Organisation in der Küche. Erst wird die Ente gegart, dann zerteilt, im Kühlhaus gelagert und bei Bedarf dann nur noch kurz frittiert – das klappt an jeder Imbissbude. Aber an der Imbissbude ist die Ente mit Sicherheit nicht bio oder sonstwie großzügig aufgewachsen und das will ich nicht. Das Rezept oder vielmehr die Methode funktioniert aber natürlich auch zuhause. Dort hält sich der Rationalisierungseffekt in Grenzen, weil es ja immer nur um eine Mahlzeit geht. Aber der Knusperfaktor ist enorm!
11.11. Asia-Ente!
1 schöne Martins-Ente (ca. 2,5 kg)
50 g Salz
2 l neutrales Öl
1 kleine Handvoll Szechuan-Pfeffer
1 kleine Handvoll getrocknete Szechuan-Chili
ca. 75 g gesalzene Knabber-Erdnüsse
Außerdem:
Ein großer Wok, Dämpftopf, Dämpfkorb oder ein Bräter mit Dämpfeinsatz für die Ente - wer keinen großen Dämpfkorb hat, kann die Ente stattdessen auch einfach mit Zwiebel und Suppengrün in Salzwasser gar kochen - dabei verliert sie zwar etwas Aroma an die Brühe, aber dafür kann man die Brühe ja später für eine Suppe weiter verwenden.
5 l Wasser mit 50 g Salz aufkochen, abkühlen lassen. Die Ente innen mit Küchenpapier trockentupfen. In die Salzlake legen und im Kühlschrank 12 h ziehen lassen. Aus dem Wasser nehmen, gut abtropfen lassen.
Die Ente im Dämpfkorb auf dem Herd eineinhalb bis zwei Stunden dämpfen – wenn der Dämpfkorb groß genug ist, den Vogel in eine flache Schale setzen und die austretenden Fleischsäfte auffangen. Zum Schluss soll die Ente schon ziemlich weich sein, aber nicht zerfallen. Abkühlen lassen, im Kühlschrank durchkühlen und trocknen lassen – mindestens ein paar Stunden, besser über Nacht. Fleischsäfte mit dem Fett aus der Schale in ein Glas geben, ebenfalls abkühlen – die Flüssigkeit eignet sich später sehr gut als Grundlage für Saucen, das Fett als Brotaufstrich oder für die Szechuan-Würzpaste, siehe unten.
Das Öl im Wok erhitzen, bis ein Stück Entenhaut darin sofort zu sprudeln beginnt. Die Ente mit einem Küchenbeil oder mit einer Geflügelschere zerteilen. Und zwar in die beiden Bruststücke, Oberkeule und Unterkeule. Wer will, nimmt auch die restlichen Stücke mit viel Haut und Knochen aber ohne Fleisch mit – das sollte man eigentlich machen, denn schließlich geht es vor allem um die knusprige Haut.
Entenstücke in zwei oder drei Portionen jeweils etwa 8 Min. goldbraun und knusprig frittieren. Aus dem Öl nehmen und gut abtropfen lassen. Zum Schluß Szechuan-Pfeffer und Chili im Öl 1-2 Min. ausbacken, mit einem Sieblöffel aus dem Öl heben und abtropfen.
Etwa zwei Drittel der Pfeffer-Chili-Mischung im Blitzhacker oder im Mörser mit einer Handvoll gesalzener Knabber-Erdnüsse und 2-3 EL Entenschmalz oder Öl zu einer Würzpaste zerkleinern. Die Basis-Version kann man mit grob gewürfelten frittierten Zwiebeln und Misopaste verfeinern – aber die rustikale Variante schmeckt auch sehr gut. Ente mit der Erdnusscreme und den restlichen frittierten Chilis und Pfefferkörnern servieren.