Respekt, Herr Kobr, mit Rauhnacht haben Sie selbst Donna Leon und Paolo Coelho auf der Bestsellerliste abgehängt.
Michael Kobr: Danke, aber Sie müssen auch meinem Freund Volker Klüpfel gratulieren, wir schreiben alle Krimis gemeinsam. Und wenn wir ehrlich sind, hatten wir schon auf die Bestsellerliste spekuliert, aber 250 000 verkaufte Bücher in vier Wochen – damit hat keiner von uns gerechnet.
Und jetzt klingelt ständig das Telefon?
So oft klingelt es gar nicht. Volker ist Redakteur bei der Augsburger
Allgemeinen, ich Realschullehrer in Memmingen, wir haben ganz normal gearbeitet in den letzten Wochen. Ein paar Journalisten haben angerufen, aber wirklich stressig wurde es nicht. »Deutschlehrer und Lokaljournalist vor Paolo Coelho« – das wäre doch eine grandiose Schlagzeile.
Eigentlich schon, aber irgendwie bemerkt uns keiner. Wir sehen das
inzwischen als Markenzeichen, ein Hype wie um Charlotte Roche würde gar nicht zu uns passen. Wir leben im Allgäu, wir schreiben Krimis, aber die Feuilletonisten stehen nun mal auf andere Typen, das ist schon in Ordnng. Bei der Buchmesse hat uns kaum einer erkannt.
Haben andere Autoren gratuliert?
Kaum. Das scheint unter Schriftstellern nicht so üblich zu sein.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, gemeinsam Krimis zu schreiben?
Ich habe Literaturwissenschaften studiert, da hatte ich öfter ein bisschen Zeit übrig. Während des Examens kam mir die Idee zu unserem Kommissar Kluftinger. Er stand mir richtig vor Augen: ein Typ wie du und ich, bescheiden, schrullig, kleinbürgerlich, aber sympathisch und nicht dumm. Ich schrieb ein paar Seiten und schickte sie an Volker. Ein paar Monate später wurde er von einem Ein-Mann-Verlag aus Memmingen gefragt, ob er jemanden kennt, der Lust hat, sich an einem Regionalkrimi zu versuchen. Volker schlug mich vor und ich willigte ein. Unter einer Bedingung: Wir schreiben zusammen.
Heraus kam Ihr Debütkrimi Milchgeld.
Genau. Der Verleger ließ uns entscheiden: 1500 Euro pauschal auf die Hand oder Beteiligung an jedem verkauften Exemplar. Wir entschieden uns für die Beteiligung und lagen genau richtig. Milchgeld hat sich bis heute 600 000-mal verkauft.
Was sagen Ihre Schüler dazu?
Mit denen musste ich neulich ein ernstes Wörtchen reden. Die benahmen sich fast devot. Einmal hörte ich im Vorbeigehen, wie einer sagte: »Der Kobr, der ist jetzt steinreich.« Da habe ich der Klasse erklärt, dass ich ihr Lehrer bin, das auch bleiben möchte und der Rest nicht wichtig ist.
Sympathisch, aber gelogen: Mit zwei Millionen verkauften Büchern sind Sie reich.
Ich habe keinen Swimmingpool, keinen Hubschrauberlandeplatz, noch nicht mal einen Hubschrauber. Ich bin Schwabe, ich kaufe mir nichts, was ich nicht brauche. Klar, das Geld gibt mir Sicherheit und die Freiheit, etwas weniger zu arbeiten. Ich habe jetzt
einen Tag in der Woche frei, das genieße ich. Aber auf meine Schüler verzichten, das will ich nicht.
Rauhnacht ist der fünfte Krimi des Allgäuer Autorenduos Michael Kobr und Volker Klüpfel. Zuvor sind bereits Milchgeld, Erntedank, Seegrund und Laienspiel erschienen.
Foto: Peter von Felbert