Mode-Prophet

Interviews mit Menschen, die wir gut finden. Diese Woche: Melih Kesmen, der T-Shirts designt, auf denen er die Liebe zu seiner Religion zum Ausdruck bringt

    Respekt, Herr Kesmen, mit Ihrem Modelabel Styleislam haben Sie Popkultur und Islam zusammengebracht.

    Melih Kesmen: Auslöser war der Karikaturenstreit. Als Muslim konnte ich es nicht nachvollziehen, warum man eine Religionsgemeinschaft unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit provozieren muss. Und als Deutscher waren mir die Muslime fremd, die man im Fernsehen sah, wie sie Flaggen verbrannten. Ich wollte ein positives Statement zu meiner Religion abgeben und bedruckte T-Shirts mit dem Spruch: »I love my Prophet«. Wie waren die Reaktionen?
    Interessiert! In der U-Bahn diskutierte ich plötzlich mit fremden Menschen, Muslimen und Christen, über Fragen, die ich mir lange selbst gestellt hatte: Bin ich ein Muslim in Europa oder ein europäischer Muslim?

    Und?
    Heute sage ich: europäischer Muslim, weil ich in Deutschland geboren und kulturell geprägt worden bin. Andere T-Shirt-Motive lösten aber auch Unverständnis aus, »Jesus und Mohammed – Brüder im Glauben« zum Beispiel. Da bekam ich Drohanrufe, was mir einfallen würde, Jesus als Muslim zu bezeichnen. Viele wissen nicht, dass das Christentum und der Islam ähnliche Wurzeln haben. Der Urvater Abraham zum Beispiel spielt eine tragende Rolle in der Bibel und im Koran.

    Meistgelesen diese Woche:

    Stört Muslime die Hip-Hop-Ästhetik Ihrer Mode?
    Natürlich gibt es einige, die sagen, wir müssten uns wie vor 1400 Jahren anziehen.

    Und würden Sie auch Slips verkaufen?
    Auch Muslime tragen Unterwäsche, aber da es um Religion geht, muss man sensibel sein. »I love my Prophet« kann ich nicht auf einen Slip drucken. Auch Christen fänden das, denke ich, nicht lustig.

    Warum ist für jemanden, der mit Rap und Graffiti groß geworden ist, Religion ein so wichtiger Teil seines Lebens?
    Natürlich haben meine Eltern mich geprägt. Als Gastarbeiterkind ist es nicht leicht, die unterschiedlichen Kulturen miteinander zu vereinen. Meine Mode ist ein Versuch.

    Wer kauft Ihre T-Shirts?
    Überraschenderweise nicht nur Muslime. Deutsche bevorzugen allgemeingültigere Motive wie »Terrorism has no Religion«.

    Was ist das größte Missverständnis über den Islam?
    Dass er eine strenge, unbarmherzige Religion ist. Dabei beginnen 98 Prozent der Verse im Koran mit den Worten »Im Namen des Barmherzigen«. Daran sollten sich alle Menschen erinnern – auch die Muslime.

    Melih Kesmen, 34, lebt in Witten. Sein Vater kam 1974 als türkischer Gastarbeiter ins Ruhrgebiet. Neben seinem Streetwear-Label Styleislam betreibt Kesmen noch eine Werbeagentur.

    Interview: Christoph Cadenbach