Haben Sie schon mal eine Frau mit dem Flügel für sich gewonnen?

Pianist Igor Levit im Interview ohne Worte über Sexismus im Klassikbetrieb, Heidi Klum und seine Tauglichkeit zum Kanzler.

Geboren: 10. März 1987 in Gorki (heute Nischni Nowgorod), Russland
Beruf: Pianist
Ausbildung: Klavierstudium an der Hochschule für Musik und Theater Hannover
Status: Twitter-Ritter

Nach einem Konzert wirkt Igor Levit für ein paar Minuten wie um Jahre gealtert, bleich, ausgezehrt, die Züge sind klar. Die Freunde, die hinter der Bühne auf ihn warten, umarmen ihn, fantastisch sei er gewesen. Dann beginnt die Rück­verwandlung – vom hochkonzentrierten in den hochwuseligen Igor Levit. Er erzählt gern einen dreckigen Witz, den er so einleitet: »Okay, der ist jetzt für Profis.« Als wolle er damit das Lob wegwischen, weil es für etwas ausgesprochen wurde, was nicht mehr da ist: Die Musik, die er gerade gespielt hat, ist ja verklungen. Überhaupt kann man mit ihm schwer über Dinge sprechen, die vergangen sind. Ein Satz, der Horror in ihm auslöst, stammt aus Goethes Faust: »Verweile doch, du bist so schön!« Im Kopf ist Levit immer schon beim nächsten Thema, hat das Handy wieder in der Hand, um auf Twitter die Klimapolitik zu kritisieren oder ein Foto seines Kaffeebechers zu posten. Oder er sitzt auf einer Podiumsbühne und sagt, was er über Kulturpolitik oder das Grundgesetz denkt. Levit kennt die Kunst der feinen Farben, er ist aber auch ein Meister des abrupten Wechsels, in der Musik und im Alltag. Gerade hat er alle 32 Beethoven-Sonaten eingespielt. Auf die Frage nach seinem größten Wunsch sagt er: Verlangsamung, Vereinfachung, Vertiefung.