Ob bei Branchengrößen wie Jason Wu oder Prabal Gurung oder eher nischigen Namen wie dem Bademoden- und Sport-Label Chromat - in den Front Rows der New Yorker Modewoche gab es in den letzten Tagen einen bemerkenswerten Stammgast: Whoopi Goldberg.
Das scheint auf den ersten Blick eine ungewöhnliche Besetzung. Die Schauspielerin ist nicht gerade bekannt für ihre modischen Outfits. Ihre Grundgarderobe besteht meist aus bequemen Alltagsklassikern wie Jeans, Schlabberoberteilen oder Leggings, immer gepaart mit einem Paar besonderer Schuhe. Von birkenstockartigen Clogs in allen erdenklichen Farben und Prints über fantasievoll gestaltete Hunde-High-Heels, Slipper in Form von Bananenschalen, Plateau-Boots von Buffalo, Ballerinas mit Spielkarten-Druck bis hin zu Dr. Martens-Stiefeln auf transparenten Keilabsätzen, gefüllt mit Barbieköpfen - Goldberg hat sie alle getragen (eine Auswahl findet sich auf ihrem leider nur sehr sporadisch befüllten Instagram-Account).
Laut eigener Aussage zieht Goldberg jeden Morgen vor der Aufzeichnung der von ihr co-moderierten Talkshow The View zuhause an, was ihr gefällt und wählt dann in der Requisite aus ihrem massiven begehbaren Schuhschrank das passende Schuhwerk dazu aus.
Anders als die meisten anderen Stars ihres Kalibers arbeitet sie nicht mit Stylisten - und das sieht man auch. Neben ihrem Faible für fragwürdiges Schuhwerk hegt Goldberg eine Leidenschaft für Weihnachtspullis, mit Knochen bedruckte Skelett-Leggings kommen bei ihr nicht nur an Karneval zum Einsatz und ihr greller lila-neongrüner Gehrock, in dem sie 1993 zur Oscar-Verleihung erschien, ist vielen bis heute im Gedächtnis geblieben - zumindest den Worst-Dressed-Listen. Und doch: Whoopi Goldberg hat Stil. Und zwar einen eigenen.
Ihre zum Teil sehr wild zusammengewürfelten Outfits zeugen zwar nicht unbedingt von Trendbewusstsein oder modischem Feingefühl, dafür aber von etwas anderem: Spaß an der Mode und Mut zum Andersaussehen.
Und sind wir mal ehrlich: Wenn man sich das Modevolk teilweise so ansieht, etwa in der ersten Reihe bei der Modenschau des US-Designer Christian Siriano letzte Woche (Bild oben), dann sieht Goldberg mit ihrer Kombination aus übergroßem Elvis-Shirt und Leggings zu knallpinken Fellsneakers auch nicht verrückter aus als ihre durchgestylten Sitznachbarn. Eher im Gegenteil.
Während die üblichen Verdächtigen aus Bloggern, It-Girls, Schauspielern und Musikern zum frowing (Insider-Sprech für front rowing, also dem In-der-ersten-Reihe-Sitzen) ständig ihre Outfits wechseln und sich in gesponserte Designer-Kopf-bis-Fuß-Outfits werfen, wechselt Goldberg höchstens ihre Schuhe. Page Six erklärte sie, sie sehe einfach nicht ein, ihren Stil zur Fashion Week zu ändern: »Warum sollte ich? Warum sollte ich mich verändern? Ich bin kein Celebrity. Ich bin Whoopi.«
Den fehlenden Promi-Status möchten wir bezweifeln, doch bei der letzten Aussage geben wir ihr zu hundert Prozent Recht. Sie ist einfach ein Original, und das sieht man auch. Mit so viel Individualität hat sie es jetzt sogar zur unerwarteten Modekritikerin gebracht: Für das Interview Magazine berichtet sie seit letzter Saison von der New York Fashion Week und macht sich in ihren Rezensionen Gedanken um so praktische Dinge wie: Kommen diese Marc-Jacobs-Sandalen mit einem Extra-Troddel, falls man mal einen verliert? Erfrischend.
Wird getragen von: New-Age-Professorinnen, New Yorker Uni-Bibliothekarinnen
Wird getragen mit: allem, was gefällt - Hauptsache, irgendetwas »Pfiffigem«
Vorsicht, flacher Kosename: Shoepi Goldberg
Fotos: Getty Images