Gibt es das noch? Celebrities mit nur einer Berufsbezeichnung? Schauspieler, die nicht auch noch singen oder malen, oder Sänger, die nicht nebenbei Mode entwerfen und Model, Aktivist, Unicef-Botschafter oder sonst was sind? Sie tun das nicht etwa, weil das Einkommen als Mono-Jobber nicht ausreichen würde. Sondern natürlich, weil manche Menschen einfach mit so vielen Talenten und Passionen gesegnet sind, dass sie schlicht nicht anders können, als tausendsassa-mäßig unterwegs zu sein.
Nehmen wir nur einmal Gwyneth Paltrow, diese Schauspielerin/Sängerin/Lifestyle-Unternehmerin/Kochbuch-Bestsellerautorin. Gerade hat sie ihr neues Werk vorgestellt: It's all easy, mit einfachen Alltags-Gerichten für den »super busy Hobbykoch«. Also kurzum: für uns alle.
Noch interessanter als ihre Rezepte wie drei Varianten für Avocadotoast, Carbonara oder Blumenkohl-Kimchi-Bratreis sind allerdings ihre Outfits, die sie zu Hause und beim Kochen so trägt. Das ist nämlich auch alles total »easy«.
Keine appetitanregenden Ausschnitte, wie sie die Britin Nigella Lawson gern auf ihren Kochbüchern präsentierte, oder nudefarbene Jumpsuits wie man sie von »Gwynnie« sonst kennt, sondern: betont lässige, unsexy Wollpullover. Schon auf dem Cover lächelt sie kuschelig im lindgrünen Modell, womöglich Kaschmir, halb in die Hose gesteckt, die Ärmel zupackend hochgekrempelt, weil sie ja offensichtlich gerade erst aus dem heimischen Gemüsegarten gehüpft ist. Auf den folgenden Seiten sieht man sie barfuß und in Jeans im Strickpullover mit Stehkragen oder im kurzen weißen Pulli mit Fransen sitzen. »Sweater Porn« sagen Modeleute dazu. »Herrlich normal!«, sollen wahrscheinlich die Leser dazu denken.
Und dann überlegt man mal kurz, wann man selbst eigentlich das letzte Mal im Wollpullover in der Küche gestanden hat. Jedenfalls wenn man sich nicht nur ein Brot schmieren, sondern ernsthaft kochen, womöglich sogar irgendwas braten wollte. Also jene Tätigkeit ausüben, die mitunter heißen Dampf und Gerüche entwickelt, die sich in feinen Wollfasern besonders gut festsetzen. Der ein oder andere soll am Herd sogar schon mal Fettspritzer abbekommen haben, Flecken, die schon aus Baumwolle schlecht rausgehen, aber aus Lambswool...? Das erklärt zumindest den sparsamen Einsatz von tierischen Fetten in diesem Buch.
Die demonstrativ ungemachten Haare, das wenige Make-up und die nackten Füße - es hilft alles nichts, das Styling ist so gewollt authentisch, dass es hoffnungslos unrealistisch ist. Das alte, ausgebleichte Hardrock-T-Shirt oder das ausrangierte Ex-Boyfriend-Flanellhemd von Chris Martin wären vielleicht nicht so landhausig, aber womöglich glaubwürdiger gewesen.
Und was ist eigentlich mit der guten alten Schürze, zu der Kollege Jamie Oliver immer noch jedem dringend rät, weil sie tatsächlich ihren Zweck erfüllt? Hat Gwyneth alibimäßig natürlich auch mal an, aber nur die Kellnervariante, die wie ein Minirock lässig um den Hintern gebunden wird, weil die volle Montur wahrscheinlich zu sehr an Hausfrau erinnert, die Gwyneth Paltrow, diese Multi-Entrepeneuse, ja nun wirklich nicht ist.
Ab Herbst kommt übrigens noch eine neue Berufsbezeichnung im Portfolio dazu: Designerin. Auf ihrer Webseite goop.com wird Gwyneth dann erstmals auch eine eigene Modekollektion verkaufen. Wetten, dass viele Wollpullover dabei sind?
Wird getragen von: Gwyneth Paltrow und anderen Domestic Goddesses
Das sagt die Foodstylistin: »Dieses weiche Grün harmoniert perfekt mit dem Bio-Sauerampfer.«
Das sagt das Kind: »Da sind Fusseln in der Suppe.«
Typischer Instagram-Kommentar: »Heute bleibt die Küche kalt.«
Foto: Gettyimages / Gilbert Carrasquillo