Noch vier Tage bis Halloween und das Internet, längst nicht mehr nur die amerikanischen Unterhaltungsseiten, überschlägt sich seit Wochen mit schaurigen Kostümempfehlungen und Verkleidungshighlights aus vergangenen Jahren. Dabei stets hoch im Kurs: Heidi Klum, die sich für ihre Kostümparties alljährlich einer stundenlangen Entstellungsprozedur unterzieht – in der Vergangenheit erschien sie danach unter anderem als klapprige Oma, Gorilla oder Fleischskelett.
Oldie but Goldie: Heidi Klum an Halloween 2014
Knapp 700 Fans posteten bereits ihre Vermutungen, als was Klum in diesem Jahr gehen würde, doch sie selbst bleibt bislang stumm. Andere haben die Verkleidungsstrapazen bereits hinter sich: Popdiva Mariah Carey feierte ihre Promi-beladene Halloweenparty schon vergangenen Samstag.
Dazu kam sie im knallroten Latex-Corsagenkleid mit ausladendem Dekolletee und Federflügeln. Einzig die Glitzerhörnchen auf ihrem Haarreifen erlauben die Vermutung, dass es sich hier um die freie Interpretation eines Teufelskostüms handeln könnte.
Um bei Verkleidungsfesten mediales Interesse auf sich zu ziehen, haben sich folgende Strategien als erfolgversprechend erwiesen: Die zur Unidentifizierbarkeit führende Kompletttransformation (à la Heidi Klum), die vorlagengetreue Imitation einer Person von aktuellem popkulturellen Interesse, real oder fiktiv (dieses Jahr besonders beliebt: Donald Trump, Prince, Bowie, die Figur der »Eleven« aus der Serie Stranger Things), oder das gute alte Gruppenkostüm. Careys Familie hatte durchaus Anstrengungen in diese Richtung unternommen und kam als dürftiger Nintendo-Clan: Ex-Mann Nick Cannon als Luigi, Sohn Moroccan als Super Mario, Tochter Monroe wäre gerade noch so als Princess Peach durchgegangen. Dazu Mutter Carey als freizügiger Latex-Teufel. Hätte es ein Kostüm als Dinosaurier Yoshi, oder Toad, der Fliegenpilz, nicht auch getan?
Hätte es nicht, wir sprechen hier schließlich von Mariah Carey, der vielleicht letzten wahren Popdiva unserer Zeit. Carey lässt sich beim Hinsetzen und Treppensteigen assistieren, trägt beim Hausbesuch von MTV Cribs High-Heels auf ihrem Home Trainer und lässt sich nur unter speziell definierten Lichtverhältnissen fotografieren. Kurzum: Die Sängerin verbringt einen Großteil ihrer Zeit damit, sich selbst gemäß ihrer eigenen, sehr körper- und kurvenbetonten Vorstellungen in Szene zu setzen. Nein, so jemand möchte auch bei einer Verkleidungsparty nicht in einem Plüschtierkostüm versinken - und damit ist sie nicht allein.
Es ist das Grundproblem des Verkleidens. Süßes oder Saures, gut aussehen oder gut verkleidet sein? In den meisten Fällen widersprechen sich diese beiden Bekleidungsinteressen. Genau das erklärt die alljährliche Inflation an Polizisten, Piloten, Krankenschwestern und Flugbegleiterinnen zu Karneval – wenn schon Kostüm, dann wenigstens eines, das allgemein als stereotypisch sexy angesehen wird, es will ja auch geflirtet werden. Und suggerieren diese nicht auch unausgelebte Fantasien? Verkleiden als Vorwand, sich endlich mal ohne schräge Blicke auf offener Straße als klischeemäßiger Männertraum oder Traummann zu präsentieren?
Letztes Halloween ging Mariah Carey übrigens als »Sexy Witch«. Das Kostüm war dabei im Grunde das Gleiche wie in diesem Jahr, nur in schwarz und mit spitzem Hexenhut auf dem Kopf. Das spart wenigstens Zeit und Anproben. Kann man Latex eigentlich färben?
Wird getragen mit: Wonderbra, Plateau-Pumps, künstlichen Fingernägeln
Wird getragen von: Dominas, Berghain-Besuchern (in schwarz natürlich), Jessica Rabbit
Typischer Facebook-Kommentar: Der Teufel trägt Nada
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