Junge Eltern können sich das ja gar nicht mehr vorstellen, wie das damals gewesen sein muss so ganz ohne Bugaboo, Mountain Buggy, Cybex. Sein Baby also: in einem ganz normalen Kinderwagen vor sich her zu schieben. Keine 360-Grad schwenkbaren Gelenke, null Stoßdämpfer, kein Designerverdeck, nur vier steife Räder und eine plüschige Wanne obendrauf. Unhaltbare Zustände.
Bis vor 16 Jahren der »Sex and the City« erprobte Bugaboo auf den Markt kam und den Kinderwagen zum Status-, ähm, Designobjekt erklärte. Überflüssig zu erwähnen, das den ein Mann entwickelt hat. Alle coolen Väter dürften ihm nachhaltig dankbar sein. Elternzeit, Teilzeit, Sonntags mit dem Kleinkind am Weinbergspark in Berlin-Mitte abhängen – das alles würde es heute womöglich gar nicht geben.
So richtig lässig ist das ewige Rumgeschiebe natürlich immer noch nicht, am Ende des Tages rangiert ein Kinderwagen nur knapp vorm Rollator. Deshalb kam gerade der »Longboard-Stroller« auf den Markt, ein Skateboard mit integriertem Buggy zum sanften Dahingleiten. Der heimliche Traum jedes die Adoleszenz bis in die Unendlichkeit dehnenden Hipster-Dads.
Das Video des Herstellers Quinny zeigt dann auch einen trainierten Typen mit Dreitagebart, Pilotenbrille, Longsleeve, wie er mit seiner Dreijährigen und einem Mordsspaß auf der Strandpromenade von Barcelona entlang cruist. Wenn die Geburtenrate in Europa jetzt nicht schlagartig nach oben schnellt, wissen wir es auch nicht.
Dass es in Barcelona nur an drei bewölkten Tagen im Dezember so leer am Strand ist, um an Skateboarden überhaupt denken zu können, dass man in London wahrscheinlich sofort eine Citymaut für diesen Hybriden zahlen muss und das Ganze in Berlin angesichts des Zustands der Bürgersteige schier unverantwortlich ist – geschenkt.
Unterm Strich ist dieses Ding natürlich eine ausgezeichnete Erfindung, dient es doch der weiteren Anfütterung des Engagements moderner Väter, die für ihre kleinen Kinder fast alles tun und mit ihrem beachtlich gestiegenen Einsatz gar nicht mehr an sich halten können. David Beckham, »Hottest Dad Alive« des britischen Empires, postete vergangene Woche ein Bild seines neuen Tattoos auf Instagram. Das wäre bei Bildnis Nummer 41 eigentlich nicht der Rede wert gewesen, aber diesmal stammt der Entwurf nicht von seinem Stamm-Tätowierer Mark Mahoney, sondern von Harper Seven, 4, der jüngsten Tochter der Beckhams. Eine hübsche Replik auf Angelina Jolie, die bekanntlich in einem von ihren sechs Kindern bekritzelten Versace-Kleid heiratete.
Die stolze Mutter Victoria Beckham postete dazu »Harper ist eine richtige kleine Künstlerin!« In der Tat zeugt Harpers Entwurf auf Papas Handfläche von erstaunlicher Vielschichtigkeit: Wir sehen ein Strichmännchen beziehungsweise Strichmädchen, so genau lässt sich das nicht sagen, denn es hat keine oder sehr kurze Haare. Dafür trägt es eindeutig ein Kleid und klobige Schuhe, womöglich die gerade in die Mode zurückgekehrten Clogs. Ein Unisex-Size-Zero-Modell also. Immer topaktuell diese Familie. Wetten, dass irgendwo in der Garage ein Skateboard-Stroller steht?
Wird gefahren von: Hipster Dads, sportlichen Müttern, wenn der andere Kinderwagen im Berliner Hausflur mal wieder angezündet wurde.
Auch geeignet zum: Zeitungen statt Kind ausfahren
Das denkt das Kind: Hoffentlich versucht er nicht wieder den Bordstein raufzuspringen
Das denken die anderen Väter: Nächstes Wochenende montier ich den alten Buggy aufs Snowboard und dann wollen wir doch mal sehen, wer hier der Super-Dad ist
Foto: Hersteller