N wie Neue Medien

Aufbruch und Veränderung gehörten von jeher zur Presse. Siegfried Kracauer beschrieb diesen Prozess in seinem Roman »Georg« für die 1920er-Jahre.

»Am liebsten wohnte er dem Umbruch bei, einem kriegerischen Ereignis, das er wie ein unbeteiligter Schlachtenbummler genoss. Auf den eisenbeschlagenen Tischen lagen die großen leeren Platten, die mit dem Satz gefüllt werden mussten, der sich neben ihnen und in den Schubladen reihte. Sobald nun der Umbruch begann, erschienen die diensttuenden Redakteure und erteilten laute Kommandos wie Offiziere. […] Dass trotz des Geschreis und der allgemeinen Verwirrung die Platten stets rechtzeitig unter die Presse kamen, war in der Hauptsache den Metteuren zu danken, die den Satz schweigend einhoben oder wieder entfernten. Sie und die Setzer glichen Bauern, die das Land aus Blei bestellten, ohne sich durch die Launen des Wetters beunruhigen zu lassen. Im Umgang mit ihnen fühlte sich Georg frei und zufrieden, und auch sie mochten ihn offenbar leiden. Mehr noch als ihre Fertigkeit im Ablesen der bleiernen Spiegelschrift beglückte ihn die Tatsache, dass alle Artikel vor ihnen gleich wurden und sich höchstens ihrer Zeilenlänge nach unterschieden. Und wie herrlich waren erst die Satzmaschinen eingerichtet, deren Buchstaben nach Gebrauch wieder in die Maschine heimkehrten, um dann von Neuem benutzt zu werden. Nicht das kleinste Komma ging verloren.«
Siegfried Kracauer, 1889 – 1966, Schriftsteller und Journalist, arbeitete bis 1933 in der Feuilleton-Redaktion der »Frankfurter Zeitung«.

Illustration: Christoph Niemann