Splatterfilm oder Oper?

Der Theaterregisseur Ersan Mondtag im Interview ohne Worte über Größenwahn, seinen Einbürgerungstest und die Frauenrolle, die er gerne mal verkörpern würde.

Geboren: 8. Dezember 1987 in Berlin
Beruf: Theaterregisseur 
Ausbildung: Hospitanzen an Berliner Ensemble und Volksbühne, Studium an der Otto-Falckenberg-Schule (abgebrochen) 
Status: Großer Auftritt

Dreimal innerhalb von vier Jahren war Ersan Mondtag zum Berliner Theatertreffen eingeladen, das für die Branche ungefähr so wichtig ist wie die Oscar-Verleihung für den Film. »So stilbewusst und so großmäulig, so frech auf formalem Eigensinn beharrend wie Mondtag ist schon lang kein junger Regisseur in der Theaterwelt mehr aufgetreten«, hieß es 2016 im Spiegel. Mondtag stammt aus Berlin-Neukölln, seine Eltern kamen als Gastarbeiter aus der Türkei, nach dem Abi besuchte er die Otto-Falckenberg-Schauspielschule in München, fühlte sich eingeengt, brach die Ausbildung ab, gründete das »Kapitæl Zwei Kolektif« und brachte Aktionen wie: Mitglieder des Kollektivs gingen in Burkas auf das Münchner Oktoberfest. Es steckt immer ein politischer Kern in seiner Arbeit, so besetzt er nicht nach Geschlecht, sondern danach, wer zu welcher Rolle passt. »Theater reproduziert ein gesellschaftliches Missverhältnis«, hat er mal gesagt. »Wenn sich die Besetzungspolitik ändern würde, wäre das Problem der mangelnden interessanten Frauenrollen nach ein bis zwei Spielzeiten aus der Welt.« Am 7. Dezember feiert der freie Regisseur mit Die Verdammten in Köln Premiere. Der Film von Visconti reizt ihn, weil er zeige, wie »jedwede Toleranz gegenüber den Faschisten zur kompletten Selbstauslöschung führt«.