D - Domina

Wie unser Autor beim Metzger ein Hühnchen kaufen wollte und plötzlich in der Welt des Sadomasochismus landete.

Wenn ich Fleisch einkaufe, denke ich nicht an Sex.
Bis eben.
Eben war ich auf der Internetseite meines Lieblingsmetzgers.

Ich wollte ganz harmlos seine Telefonnummer erfahren, um zwei Bio-Hühnchen vorzubestellen. Auf der Homepage gibt es die Unterseite "Linktipps". Und jetzt die Überraschung: Dort bewirbt mein Metzger ein Sado-Maso-Studio und eine professionelle Domina. Gut, der Beruf der Domina und der des Metzgers haben gewisse Gemeinsamkeiten: Beide verdienen ihr Geld damit, nicht zimperlich zu sein im Umgang mit Fleisch. Man könnte der Pointe zuliebe zugespitzt sagen: Beide arbeiten mit Schweinen. Ich habe nichts gegen Dominas. Ich kenne keine Domina. Ich war noch nie bei einer Domina. Ob das nun für oder gegen mich spricht, müssen Sie wissen. Vielleicht ist die Schwester vom Metzger Domina und er möchte ihr einen Gefallen tun, man tauscht gegenseitig den Kundenstamm, vielleicht sagt die Domina-Schwester ihren Kunden zum Abschied: „Ich empfehle heute den Rinderbraten“, oder: „Sklave, kauf Schinken!“ Andererseits ist auf der Internetseite der Domina kein Link zum Metzger.

Eine zweite denkbare Erklärung: Mein Metzger mag SM. Warum auch nicht? Den ganzen Tag der Boss sein, mit großen Messern kleine Tiere zerteilen, da möchte man abends vielleicht mal der Unterlegene sein. Auch Metzger haben ein Sexleben. Natürlich haben sie eins. Man denkt nur nicht daran, wenn man gerade Hackfleisch kauft. Es geht mich auch nichts an. Mein Metzger möchte auch nicht wissen, was ich nach dem Bio-Huhn-Abendessen so mache.

Meistgelesen diese Woche:

Es ist nur so: Ich hätte kein Problem mit einem SM-Schuhmacher, einem SM-Lieblingsfußballspieler oder einem SM-Zeitungsverkäufer. Aber bei gewissen Berufsgruppen möchte ich von sadomasochistischen Neigungen nichts wissen, etwa bei meinem Zahnarzt und in der Lebensmittelbranche. Beiden ist man auf eine Art ausgeliefert. Dem Arzt körperlich, dem Metzger kulinarisch.

Dass Sex und Wurstwaren nicht zusammengehören, findet übrigens auch der Österreichische Werberat. Der hat im Jahr 2008 einer Metzgerei verboten "Wurstkreationen mit zum Teil extrem sexistischen, sexuell anstößigen und geschmacklosen Bildern" anzubieten. Der Metzger hatte Brüste und Vagina aus verschiedenen Wurstsorten und etwas Hack nachgebildet, als "Geschenkidee".

Doch zurück zu meinem Metzger und seinem Link zur örtlichen Domina. Vermutlich hat er deren Webseite aus einem ganz harmlosen, mir unbekannten Grund beworben - er verlinkt dort auch ein Skigebiet und Kutschenfahrten - und doch bin ich etwas irritiert.

Ich habe anfangs sogar eine neue Metzgerei ausprobiert, die ebenfalls auf artgerechte Tierhaltung setzt. Allerdings hat auch dieser Fleischer eine Verbindung zur dunklen Seite der Macht - er kandidiert für die CSU für den Stadtrat.