Der eine Patrick Bauer schreibt: Patrick mit ck. Bauer wie der Landwirt. Sucht man bei Google nach mir, erscheint das Bild eines braun gebrannten Mannes, der Spezialist für Brustvergrößerungen ist. Das bin ich nicht. Versucht man es auf Wikipedia, findet man folgende Personen: Patrick Bauer (Fußballspieler) (*1992) und Patrick Bauer (Journalist) (*1983). Das bin ich. Der Fußballspieler hat einen ausführlichen Wikipedia-Eintrag. Bei mir steht nichts. Es war alles in Ordnung.
Dann wurde mir Geld überwiesen. Von einem Auftraggeber, für den ich lange gar nicht gearbeitet hatte. Die Sekretärin, die ich ratlos anrief, entschuldigte sich: »Das war für unseren Patrick Bauer!« Später rief ein Kollege aus Stuttgart an, dem ich erst einmal begegnet war, er schrie: »PADDY! Happy Birthday!« Ich hatte nicht Geburtstag. Paddy war ich zuletzt im Kindergarten genannt worden. Ich bekam Mails wie: »Du schreibst wieder für den stern!« Hä? In der taz, wo ich vor mehr als zehn Jahren als Praktikant angefangen hatte, las ich meinen Namen in der Autorenzeile. Kürzlich sogar hier, in der Süddeutschen Zeitung. Mein Vater meldete sich: »Du schreibst über Wein?« Wein? Von PATRICK BAUER! Das geht doch nicht. Es gibt nicht nur einen Patrick Bauer, aber es hatte nur einen Patrick Bauer (Journalist) gegeben. Und nun: The next generation. Noch bevor auf Wikipedia was zu mir geschrieben steht. Ich kam mir alt vor. Ich habe vier Vornamen und eine Frau mit schönerem Nachnamen, aber ich kann mich ja nicht plötzlich umbenennen. Ich war zuerst da.
Patrick Bauer und ich verabredeten uns zum Wandern. Jemand scherzte, vielleicht kehre nur einer vom Berg zurück, mit dem Kissen ersticken und so. Wir wollten im schönen »Rotwandhaus« oberhalb des Schliersees übernachten. Aber es stürmte, wir blieben zunächst im Tal, probierten Whisky in der Destillerie Slyrs, gingen gut essen und saßen nachts noch lange auf dem Balkon. Patrick Bauer kennt sich nicht nur beeindruckend gut mit Alkoholika aus, es wurde auch nüchtern, beim Aufstieg am zweiten Tag, nicht langweilig und nicht doof mit ihm.
Dieser Patrick Bauer wuchs denkbar anders auf als ich, aber er stellt sich zum Leben und zum Schreiben viele Fragen, die ich mir auch stelle, und seine Antworten mag ich. Kurz, als mich die Höhenluft euphorisch macht, denke ich, wir sollten als Autorenkollektiv veröffentlichen. Nicht nur, weil wir beide mal ein halluzinogenes Erlebnis in einem indischen Zug hatten, glaube ich jetzt, dass es zwischen Patrick Bauers eine unerklärliche Verbindung gibt. Ein Bauerband. Ja, Patrick Bauer ist ein super Typ. Den nächsten Urlaub könnte ich mit dem Spezialisten für Brustvergrößerungen verbringen.
Der andere Patrick Bauer schreibt: Patrick Bauer, könnte man sagen, ist ein Vorbild. Im Grunde ist er aber vor allem ein Ärgernis.
Es war mein erster Praktikumstag bei der taz. Ich sollte einen Anwalt interviewen. »Mensch, Herr Bauer«, sagte er, »sind Sie wieder bei der taz?« Ich wurde für den vier Jahre älteren Patrick Bauer gehalten, und seitdem ist es so: Egal wo ich hinkomme, Patrick Bauer war schon da. Vor Kurzem stellte ich mich bei einem Magazin vor. Eine Redakteurin lobte mich für meine berührende Reportage über das Schwimmbad in Berlin. »Das war der andere«, konnte ich nur sagen.
Hoffentlich finden wir während dieses Kurzurlaubs eine Lösung für unser Dilemma. Eigentlich darf jeder eine Namensänderung beim Standesamt beantragen, aber die Hürden sind hoch, und außerdem habe ich mich an meinen Namen gewöhnt. Wenn ich darüber nachdenke, einfach nicht mehr Journalist zu sein, wird mir schlecht. »Es wäre aber schon praktischer, wenn man uns unterscheiden könnte«, sagt Patrick Bauer, der andere. Er ist unter dem Namen bekannt. Er ist die Marke Patrick Bauer. Ich muss noch eine Marke werden, eine andere. Aber wie? Ich bin doch Patrick Bauer.
»Ein Initial vielleicht?«, fragt der andere. Ich habe keinen Zweitnamen. Patrick Bauer, für mehr hatten meine Eltern keine Inspiration. Patrick Raoul Julian Nils Bauer dagegen hat sogar drei weitere Namen. Aber er will jetzt nicht anfangen, ein Initial zu benutzen. Okay. Ich überlege weiter. Mei- ne Freunde nennen mich Paddy. Patrick P. Bauer vielleicht, etwas albern, aber wieso eigentlich nicht?
Am nächsten Tag scheint die Sonne, wir wandern doch noch hoch zur Rotwand. Wir reden viel, machen Fotos, steigen langsam aus dem Nebel bis zum Gipfelkreuz. Ich liebe es, auf einem Berg zu stehen. Bis eben zählten nur die Meter vor einem, die nächste Kurve, die nächste Kuppe, und jetzt der Blick auf die Totale, auf die Täler und Wolken, auf den Weg, den wir geschafft haben. Alles liegt so klar und deutlich unter einem, und so klein und weit weg. Und da sage ich: »Ich mache das jetzt so. Patrick P. Bauer, wenn ab jetzt Leser auf unsere Texte schauen, können sie auch von etwas weiter weg erkennen, wer den Text geschrieben hat.« Der Ältere nickt nur.
SCHLAFEN: Im gemütlichen Seehotel »Schlierseer Hof« (Doppelzimmer ab 100 Euro) findet man Spuren aus diversen Jahrzehnten, dort feierte Curd Jürgens eine seiner vielen Hochzeiten.
ESSEN: Oberhalb des Tegernsees steht das »Freihaus Brenner« (Freihaus 4, 83707 Bad Wiessee) für exzellente und – trotz hoher Porsche-Dichte – bezahlbare bayerische Küche.
ANSONSTEN: Auf ein Stück Torte ins »Café Huber« (Krapfen 2, 83735 Bayerischzell)
Foto: Janek Stroisch