Es ist egal, wie dein Busen aussieht

Jede Woche erklärt Charlotte Roche, wie das Leben sein sollte. Diesmal: Schönheitsoperationen an den Brüsten sind komplett sinnlos. Besser gibt man das Geld für etwas wirklich Nützliches aus, zum Beispiel Tantrakurse.

Foto: Julia Sellmann

Um mich rum machen sich alle die Brüste. Das finde ich richtig schlimm. Das fällt ungefähr in die gleiche Kategorie wie: Ich habe keine Lust auf Geburtsschmerzen, will aber ein Kind, und lasse es von Ärzten, die viel verdienen wollen im Gegensatz zu einer Hebamme, die fast gar nichts kostet, mit Termin und OP-Besteck aus mir rausoperieren. Super Idee. Wenn die Natur das für gut befunden hätte, wäre der Muttermund auf dem Bauch. Ist er aber nicht. Es ist so vorgesehen, dass das Kind mit dem Kopf durch die Öffnung im Hüftknochen und durch den Geburtskanal muss, mit allen damit verbundenen Schmerzen und Unannehmlichkeiten für beide Parteien: Kind und Mutter.

Ich meine, wer weiß wofür es gut ist? Vielleicht einfach nur, dass das Kind kein Vorpfuscher wird, und bei jeder Schlange im Disneyworld, wo man sich anstellen soll, denkt: Hä? Warum? Ich kann doch den einfachen Weg gehen, und immer einen Quickpass ziehen.

Ich kenne ein paar junge Frauen, die einfach wie ich früher, ganz früher, einen Brustkomplex haben und zu ungeduldig sind, die paar wenigen, unangenehmen Jahre mit diesem Komplex abzuwarten, bis er durch Entspanntheit im Alter, im Umgang mit dem eigenen Körper einfach verschwindet. Aber die meisten meiner brustoperierten Freundinnen haben gestillt und fühlen sich von der Natur und Gott oder beiden betrogen, sie stillen und nachher sehen die Brüste aus wie Stillbrüste. Normal.

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Ich sag ihnen immer: Dafür hast du ja jetzt auch ein Kind und das auch noch gestillt. Toll! Sehr gut! Und die so: Ne, guck mal, meine Brüste waren vorher schöner. Ja, vorher hattest du ja auch kein Kind. Heutzutage will man beides haben, Kind und Brüste einer Zwanzigjährigen.

Meistens ist überraschenderweise der Mann der Brustoperierten dagegen, dass sie das macht. Immerhin ein medizinischer Eingriff mit Vollnarkose. Hallo? Gehts noch? »Sie tut es für sich.« Sie bringt sich für so einen Scheiß in Lebensgefahr. Und nicht nur sie allein macht das, sie braucht dafür ja auch Männer und Frauen, die sich komischerweise Ärzte nennen dürfen. Sollten die nicht einfach folgendes heißen: Menschen-die-sinnlose-Eingriffe-machen-mit-Vollnarkose-an-Menschen-die-besser-eine-Therapie-anfangen-sollten-wegen-ihrer-Komplexe? Oder: Großes-Geld-an-Komplexen-anderer-Verdiener? Wenn jeder daran arbeiten würde, sich selbst so zu akzeptieren, wie er ist, wären sie arbeitslos. Oder hätten nur die wenigen Eingriffe, für die eigentlich plastische Chirurgie erfunden wurde, an Verbrennungsopfern und anderen Entstellten, um ihnen das Leben wieder lebenswert zu machen.

Ich weiß nicht, ob es zusammenhängt, aber oft erzählen mir gerade diese Frauen, sie könnten nicht zum Höhepunkt kommen. Kann man da nicht eher sein Geld rein investieren, als in den Versuch, auszusehen wie ein Instamodel? Ich würde da Sexualtherapie vorschlagen, da kann man viele Stunden von bezahlen, von dem Brust-OP-Geld. Oder, auch ganz gut, ausgebildete Tantra-Masseure.

Wenn ich alles richtig verstanden habe, hat der Orgasmus mit loslassen zu tun, bei der Frau. Wenn man schon nicht seine Brüste loslassen kann, wie soll man dann den Kopf loslassen, damit der die Vulva loslässt? Kommen ist wichtiger als Brüste.