mmer versuche ich, mich menschlich zu entwickeln. An unserem letzten Hochzeitstag habe ich einen großen Schritt nach vorn gemacht, im Grunde genommen zwei. An unserem letzten Hochzeitstag wusste Paola morgens nicht, dass es unser Hochzeitstag war, sie hatte nicht daran gedacht, nur ich hatte daran gedacht, aber ich sagte nichts.Wir gingen vor der Arbeit zusammen Kaffee trinken, das machen wir manchmal, nicht nur an Hochzeitstagen. Nach ein paar Minuten nahm ich ein rotes Schokoherz aus der Tasche, gab es Paola und sagte: »Ich weiß gar nicht, ob du weißt, dass heute unser Hochzeitstag ist.«Das war gelogen, denn natürlich wusste ich, dass sie es nicht wusste, denn wenn sie es gewusst hätte, wäre sie mir gleich in der Früh um den Hals gefallen, hätte mich geküsst und geherzt, »mein Schatz« genannt und spontane Betrachtungen über unser so viele Jahre währendes Eheleben angestellt.Paola betrachtete das Herz, legte es auf den Tisch, fiel mir um den Hals, küsste und herzte mich, nannte mich »mein Schatz« und stellte spontane Betrachtungen über unser so viele Jahre währendes Eheleben an.Ich sagte: »Blumen bekommst du auch. Ich habe sie schon ausgesucht, im Blumenladen.«»Wie schön, dass du an alles denkst«, seufzte sie.Mittags verließ ich das Büro, ging zum Blumenhändler, kaufte die Rosen, die ich tags zuvor bestellt hatte, und ging damit heim. Unterwegs traf ich Tomas, den Frisör.»Hast du Hochzeitstag!?«, rief er.»Woher weißt du das?«»Dann ist der Strauß zu klein! Er müsste dreimal so groß sein.«Beinahe wäre ich zurück zum Blumenladen gegangen. Der Strauß kam mir mickrig vor. 15 Rosen… Warum hast du nicht 45 gekauft?, dachte ich, warum bist du nicht zu großen Gesten fähig, warum fehlt dir alles Verschwenderische, Guntersachshafte? Ich bin ein Mann, dem man am Blumenstrauß ansieht, dass er Hochzeitstag hat.Ich tat, als hätte ich Tomas nicht verstanden, lachte ihm blöde zu und ging weiter.»Gott, was für herrliche Rosen!«, rief Paola. »Früher hast du mir oft Rosen geschenkt.«Den Nachmittag nahm ich mir frei. Wir gingen bummeln, später trafen wir Bruno und seine Frau zum Essen.»Übrigens ist heute unser Hochzeitstag«, sagte Paola.»Wie süß!«, sagte Brunos Frau. »Da trefft Ihr uns…«»Wann habt Ihr Hochzeitstag?«, fragte Paola.»Das ist nicht eindeutig«, sagte Bruno. »Eigentlich dreimal pro Jahr. Wir feiern den Tag, an dem wir uns kennen gelernt haben, den Tag der standesamtlichen und dann den der kirchlichen Hochzeit.«»Das ist sehr schön so«, sagte seine Frau. »Da bekomme ich dreimal was geschenkt.«»Du bekommst jedes Mal ein Geschenk?«, fragte Paola.»Huuuu…«, machte ich. »Ich habe dir auch schon Sachen geschenkt zum Hochzeitstag.«»Das stimmt«, sagte sie. »Und außerdem denkst du immer dran.«»Das ist einfach«, sagte ich. »Man muss es sich nur im Kalender notieren.«»Ach soooooo… Du hast es dir im Kalender notiert.«»Wo denn sonst?«»Ich dachte, du hast mit dem Herzen daran gedacht.«»Ich habe mit dem Herzen daran gedacht, als ich es mir im Kalender notierte.«Conclusio, was meine menschliche Entwicklung angeht: Sei erstens gut organisiert. Verbirg dies zweitens, so gut es geht. Tu drittens stets so, als ob dein ganzes Handeln in Bezug auf deine Frau spontanen Einfällen entspringt.Dann wird viertens alles gut.