Seitdem ich nach Hamburg gezogen bin, habe ich zwei Dinge schnell gelernt. Erstens: Die Nordsee ist ganz nah, auch wenn man zweieinhalb Stunden mit dem Auto dorthin braucht. Zweitens: Sylt ist für andere. Also Amrum. Unsere Hamburger Freundin hat hier viele Kindheitssommer verbracht. Sie zeigt uns das Haus von Jörg Pilawa und das ÖÖMRANG-HÜS, Amrums schönes Heimatmuseum. Wir selbst wohnen in OOMES HÜS, Omas Haus. Fast alles trägt hier so lustige friesische Namen. Wir haben uns in NEBEL einquartiert, natür-lich, denn das hatte uns die Freundin schon vorher eingeimpft: Auf Amrum wohnt man nur in Nebel! Wenn man sich die anderen beiden Orte der Insel ansieht, dann versteht man, warum: Natürlich wollen wir in einem Ort wohnen, der an Auenland erinnert, das Land der Hobbits! Man fährt eigentlich auch nur mit dem Auto auf die Insel, um es dann stehen zu lassen. Also leihen auch wir uns Fahrräder – das macht man hier so. Dass wir als Erstes auf die stille Wattseite fahren, ist letztlich nur ein Alibi, denn wir wollen vor allem schnell ins TEEHAUS BURG am Rande von Norddorf, außerdem zum FISCHBÄCKER, um Matjes zu kaufen. In Norddorf gibt es noch das KINO LICHTBLICK, wo die Filmrollen einmal die Woche per Motorflugzeug eingeflogen werden – vorausgesetzt, es herrscht Windstille. Manchmal läuft ein Film dann eben eine Woche länger als geplant. Nicht weit vom Kino essen wir Friesentorte im CAFÉ SCHULT: ein Pfund Schlagsahne zwischen zwei Blätterteigschichten mit herrlichem Pflaumenmus. Alteingesessene Amrum-Reisende sind mittlerweile auf die Buchweizentorte mit Waldbeercreme umgestiegen. Wir wollen noch den Strand sehen, den kilometerlangen Kniepsand vor einem Feuerball von Sonne, und da trifft es sich gut, dass es an der STRAND-HALLE in Nebel sehr solide Pommes gibt. Die Freundin erzählt, dass einer Amrumer Legende zufolge ein Wassergeist an den Strand gespült wurde und ein heftiger Wind den Sand zu diesen kilometerweiten Dünen auftürmte – so lange, bis der Wassergeist wieder ins Wasser zurückgeweht wurde. Amrum ist voller solch surrealer Geschichten. Das liegt vielleicht daran, dass das Leben hier so überschaubar ist. Die Übersichtlichkeit lenkt die Sinne auf Details: Seevögelkreischen, Heideduft, feuchtdunkles Watt, piekskühle Brise. Und auf den feinen Sand, den mein Sohn andächtig durch seine kleinen Hände rieseln lässt – als hätte jedes Körnchen seinen besonderen Wert. WOHNEN Oomes Hüs Ferienhaus, über Klaus-Möller-Stiftung Hamburg, Tel. 040/880 79 07 oder www.amrum-alternativ.de, 2-Personen-Wohnung ab 50 Euro/Tag. ANSCHAUEN Öömrang-Hüs Heimatmuseum, Waaswai 1, Nebel, Tel. 04682/10 11; Kino Lichtblick, Triihuk 1, Norddorf, Tel. 962 00. ESSEN Café Schult, Ual Saarepswai 9, Norddorf, Tel. 22 34; Teehaus Burg, Boragwai 2, Tel. 23 58; Zum Fischbäcker, Lunstruat 11–13, Norddorf, Tel. 20 28; Strandhalle Nebel, Strunwai 44, Nebel, Tel. 96 15 06.