Freitag, der 13., aktuellen Umfragen zufolge für ein Drittel der deutschen Bevölkerung ein irritierendes Datum, hat als Element des Aberglaubens eine bemerkenswert junge Karriere. Seine Bedrohlichkeit setzt sich zusammen aus zwei altgedienten Vertretern mythologischer Symbolik: zum einen aus dem Freitag, benannt nach der germanischen Liebesgöttin Frija. In vorchristlicher Zeit war dieser Wochentag ein Datum der Freude; der Sterbetag Jesu verwandelte ihn in der christlichen Kultur eher in einen Boten des Unglücks, wobei die älteren Anklänge nie vollständig in den Hintergrund gedrängt wurden. »Der Freitag ist im ganzen Menschenleben von der Geburt bis zum Tod bedeutungsvoll«, heißt es etwa im zehnbändigen Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens von 1930, »wobei sich sein zwiespältiges Wesen immer wieder zeigt.« Der andere Bestandteil des heutigen Unglücksdatums ist die Zahl 13, die ihren Schrecken seit je aus der Verletzung von geschlossenen und als heilig geltenden Zwölfersystemen bezogen hat, der Tierkreiszeichen, der Tages- und Monatsordnung, des Zwölf-Götter-Regiments in der griechischen und römischen Antike und schließlich des Kreises der zwölf Apostel im christlichen Glauben.
Die jahrhundertelange Kontinuität dieser beiden Symbole lässt sich materialreich belegen – ebenso jedoch die Gewissheit, dass die Stränge von Wochentags- und Zahlenmythologie sich niemals berührten. Die Kombination zu jenem Hybriden des Aberglaubens namens »Freitag, der 13.« taucht bis ins 20. Jahrhundert hinein so gut wie nicht auf. Wenn man neueren volkskundlichen Forschungen Glauben schenken will, verbreitet er sich zu einem kollektiv wahrgenommenen Unglückstag erstmals nach den dramatischen Kurseinbrüchen an der New Yorker Börse am Freitag, den 13. Mai 1927; und erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hält das Datum auch in Deutschland zahllose Menschen davon ab, in ein Flugzeug zu steigen oder sich ins Auto zu setzen. Der vermeintlich uralte Bann ist offenbar kaum mehr als zwei Generationen alt.
Wie vage der Ursprung dieses Aberglaubens auch zu bestimmen sein mag: Auffällig ist im Gegensatz zu traditionellen Elementen der Mythologie, dass dieses Schreckensdatum eine zeitliche Zuspitzung vollzieht, eine Verdichtung des Unglückszeitraums auf eine nur äußerst selten eintreffende Konstellation des Kalenders. Es geht, anders als bei regelmäßig wiederkehrenden Zahlen oder Wochentagen, um das unmittelbar Ereignishafte des Schreckens, und wenn man sich die überraschende Modernität des Aberglaubens erklären will, dann muss man drauf achten, an welchen Beispielen seine Geschichte erläutert, seine geheimnisvolle Macht konstatiert wird. Immer nämlich sind es Unfälle, die am »Freitag, den 13.« in den Blick rücken, tatsächliche im Auto und im Flugzeug oder metaphorische an der Börse, wie der Crash von 1927. Gleichzeitig belegen Statistiker ihre nüchterne Vermutung, dass an diesem Tag keineswegs etwas Ungewöhnliches geschehe, gern durch eine vergleichende Auszählung von Autounfällen.
Der Unfall aber ist gerade der Ereignistyp der Moderne schlechthin, die jähe, nicht voraussagbare Unterbrechung immer komplexerer technischer Abläufe. Ist es nicht folgerichtig, dass ausgerechnet im Zusammenhang mit Unfällen noch einmal die überwunden geglaubte Welt des Aberglaubens heraufbeschworen wird; dass ein Crossover der Mythologien aus Wochentag und Zahl bemüht wird, um das Unerklärliche zu fassen. Freitag, der 13: ein Schlupfloch des Übersinnlichen inmitten einer vollends berechenbaren Welt.
Vielleicht hat der herausgehobene Status dieses Datums aber auch einen profaneren, mathematisch belegbaren Grund. Der Wiener Informatiker Hans Bekic errechnete im Jahr 1982, wenige Tage vor seinem Tod, dass in unserem gregorianischen Kalender mit seiner unregelmäßigen Abfolge von Schaltjahren mehr Freitage auf einen Monats-Dreizehnten treffen, als es bei jedem anderen der sieben Wochentage der Fall ist. Womöglich ist der Aberglaube nur Effekt einer mathematischen Gesetzmäßigkeit.