Es ist Sommer. Frauen tragen also keine Skianzüge mehr, sondern Hosen und T-Shirts und hin und wieder bücken sie sich oder setzen sich aufs Fahrrad und dann sieht man manchmal hinten, zwischen Hose und T-Shirt ein kleines Dreieck Stoff: einen Tanga. Wir reden hier wohlgemerkt nicht vom demonstrativ bis zu den Rippenbögen hochgezogenen String. So läuft heute gottlob keine mehr rum, aber es gab so eine Zeit, als die extrem tief geschnittenen Jeans aufkamen, da trugen ein paar Proletentussen den String als Accessoire zu ihrem Arschgeweih, und das sah wirklich blöd aus. Genau denen ist es wohl zu verdanken, dass noch heute auch zufällige Tangablitzer, die jeder normal angezogenen Frau passieren können, folgende Reaktion hervorrufen: Andere Frauen, die sich tuschelnd darüber empören, wie schlampig das doch aussieht. Immer wieder sieht man auch in Zeitschriften ein Foto von so einem Tanga-Moment, dazu einen aufgeregten kleinen Text, in dem die Wendung »No-Go« vorkommt. Und alle sind sich einig darüber, dass das »nun wirklich gar nicht geht«.
Bloß: Was ist denn so schrecklich daran, wenn mal ein Tanga hervorlugt? Echauffiert sich etwa irgendjemand, wenn ein »normaler« Schlüpper sichtbar wird? Nein! Und warum finden es Frauen so total daneben, die höchstwahrscheinlich selber auch Tangas tragen? Denn das tun ja längst nicht nur Stripperinnen, sondern von der Hausfrau bis zur Polizistin alle. Frauen mögen Tangas, weil sie sich nicht unter der Hose abzeichnen, weil sie bequem sind und nicht verrutschen im Gegensatz zu anderen Modellen. Und natürlich auch, weil sie sexy sind.
Wahrscheinlich liegt genau hier der Hund begraben. Tangas sind sexy. Sogar wenn man kaum was von ihnen sieht, denn der sichtbare Teil eines Tangas verweist ja auf den unsichtbaren. Das Dreieck ist ein Pfeil, der auf intime Stellen zeigt. So erklärt sich auch, warum es vor allem Frauen sind, die sich entrüsten – wenn man die Männer mal fragt, dann finden die den sichtbaren Tanga nämlich oft gar nicht so schlecht bis super. Wir hätten es dann also mit einem Fall von slut shaming zu tun, einem Verhalten, das seltsamerweise nur im angelsächsischen Sprachraum einen eigenen Ausdruck hat. Dabei machen Frauen andere Frauen fertig, weil diese sexuell selbstbewusst auftreten – im namensgebenden Paradefall gilt die Frau mit den öfter wechselnden Liebhabern als »Schlampe« und wird sozial geächtet. Aber natürlich fängt es schon viel früher an: zum Beispiel eben bei Frauen, die nach Meinung der Lästernden ungebührlich viel männliche Aufmerksamkeit fordern. Dabei tragen sie doch einfach nur einen Tanga.
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