An einem Tag wie dem 11.11.2011 zu heiraten ist ungefähr so exklusiv wie die Teilnahme an einer Massentrauung.
Für einige Leute ist heute mal wieder der schönste Tag im Leben: für Standesbeamte und Vorabend-Fernsehmacher. Die haben seit Jahren an Tagen wie dem 11.11.11 besonders viel zu tun. Die Ersten trauen im Schichtbetrieb, die Zweiten senden launige Geschichten, in denen folgende Wörter zwingend vorgeschrieben sind: »Hochzeitsglocken«, »Sturm (wahlweise: Run) auf die Standesämter« und »schönster Tag im Leben«. Warum aber heiraten Leute geradezu zwanghaft zu Terminen, die ihnen solche Repdigits, wie sie mathematisch heißen, vorgeben? Und wieso machen sogar die Behörden solchen Blödsinn mit? Der 10.10.10 fiel auf einen Sonntag, trotzdem hatten viele Standesämter extra geöffnet oder waren zu sogenannten »Ambiente-Trauungen« bereit, zu Zeremonien außerhalb der freudlosen Bezirksamtmauern.
Schaut man sich die aktuellen Scheidungsraten an, kommt man zu dem Schluss: Man hat eine solide Fifty-fifty-Chance, dass die Sache klappt. Keine Quote, auf die man Geld setzen würde. Wenn man also schon dem beliebten Aberglauben misstrauen muss, dass ein unterschriebenes Stück Papier die Liebe unendlich macht, schaltet man durch das Schnapszahl-Heiraten vielleicht einfach einen Aberglauben-Booster zu, in der Hoffnung, dass solche Zahlenmystik die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns verringert? Noch ist es zu früh, die Schnapszahl-Ehen auf ihre Haltbarkeit zu untersuchen, die aus den letzten zehn Jahren (startend mit dem 1.1.01) sind in der Experimentalphase. Aber man kann davon ausgehen, dass die Idee ähnlich erfolgreich ist wie lebenslanges Lottospielen mit den eigenen Geburtsdaten und der Hausnummer.
Dass man mit der Hochzeit an so einem Tag seine Ehe zu etwas Besonderem macht, ist ebenfalls ein Trugschluss: Der Schnapszahl-Andrang macht jede Feier so exklusiv wie die Teilnahme an einer koreanischen Massentrauung. Bleibt sie wenigstens im Gedächtnis, zieht das alte Argument mit dem unvergesslichen Hochzeitstag? Vermutlich – aber wer von vornherein eine solche Erinnerungskrücke einplanen muss, der kann’s auch gleich lassen.
Natürlich gehört die Schnapszahl auch nur in den großen Fundus der pseudooriginellen Hochzeiten, die in Windeseile zum Klischee verkommen sind: heiraten in Las Vegas oder mit nackten Füßen an einem exotischen Strand, in einem Heißluftballon oder unter Wasser – rührende Beschwörungsrituale im Kampf um die tragisch unverlässlichen Gefühle. Wer trotzdem auf die göttliche Datumsmystik setzen will, muss sich ranhalten. Nächstes Jahr geht es noch mal am 12.12., danach ist für die nächsten 88 Jahre Schluss mit dem Spuk.
Foto: DPA