Was ist das für ein Geschleppe?

Kinder von Prominenten werden auch dann noch herumgetragen, wenn sie längst ein eigenes Modelabel haben.

Eine normale Kindheit in Hollywood geht so: Als Fötus Bauchinhalt für ein Aktfoto der Mutter (siehe: Demi Moore, Heidi Klum, Christina Aguilera, Cindy Crawford, Monica Bellucci, Gwyneth Paltrow, Britney Spears, Claudia Schiffer) = erstes Zeitschriftencover. Kaiserschnitt. Zweites Titelfoto im Arm der stolzen Eltern (Fotohonorar geht an Charity, klar). Erste Louis-Vuitton-Tasche mit zwei, erster Personal Trainer mit drei, erste Kreditkarte mit vier (Suri Cruise soll damit den selbstständigen Umgang mit Geld lernen, sagt Tom), erste Sitzung beim Psychologen mit fünf, erste eigene Modelinie mit sechs, erste Entziehungskur mit zwölf. Es ist ein Leben im Zeitraffer, und vielleicht ist die Geschwindigkeit ganz normal – schließlich verlieren ihre Mütter direkt nach der Geburt 20 Kilo in zirka derselben Zeit, in der normale Frauen es schaffen zu kapieren, wo bei einer Windel vorn und hinten ist.

Dieses Leben verläuft nur an einer Stelle verblüffend langsam: Bis ins hohe Alter von sechs oder sieben Jahren werden die Glamour-Kinder von ihren Müttern durch die Gegend getragen. Woche für Woche sind die Blätter voll mit Fotos von Monsterkindern, unter denen ihre Size-Zero-Muttis schier zusammenzubrechen scheinen, die aber trotzdem auch dann noch auf den Arm genommen werden, wenn sie längst auf eigenen Füßen stehen können. Klar hat das oft praktische Gründe, schließlich wollen sich die Turbomütter nicht immer von ihrem trödelnden, quengelnden Nachwuchs ausbremsen lassen. Aber haben wir es hier vielleicht mit einem Symbolbild moderner Elternschaft zu tun? Dürfen die kleinen Lieblinge einfach nicht erwachsen werden?

Muss man sie bis in alle Ewigkeit tragen/ertragen, schleppen/durchschleppen, vor allem Übel bewahren, zum Beispiel dem, auch mal auf die Nase zu fallen? Oder ist es am Ende bloß die einfachste Methode, ein Paparazzo-Foto zu generieren? Denn nichts verkauft sich so gut in Hollywood – und zwar in jedem nur denkbaren Sinn – wie das ikonografisch so erfolgreiche Motiv »Mutter mit Kind«. Vor Jahren hat man sich eine It-Bag an den Arm gehängt und kam damit verlässlich in die Gazetten, jetzt ist es ein It-Blag. Trägt man es, sind die Gesichter hübsch nah beieinander für ein schönes covertaugliches Close-up. Angenehmer Nebeneffekt: Ein Kind ist ein prima Sportgerät. »Es ist tolles Training«, ließ die Promi-Fitnesstrainerin Kathy Kaehler jüngst verlauten. »Wenn man es trägt, verbrennt man mehr Kalorien.« Zwei Kinder sind sogar noch besser, »wegen der Balance«. Drei? Nee, das lohnt sich nicht wirklich. Nicht für die Fotos und nicht für die Figur. Also gar nicht.

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Fotos: dpa, AP images