Der Tag, als mein syrischer Freund in Deutschland heimisch wurde

Seit sechs Jahren lebt Dellair schon in Deutschland. Doch Zerrissenheit prägte sein Leben. Immer wieder reiste er nach Syrien und in den Libanon, um vor Ort zu helfen. Im SZ-Magazin-Jahresrückblick erzählt Christoph Cadenbach von dem Augenblick, der alles änderte.

    Freunde: Dellair aus Syrien und SZ-Magazin-Autor Christoph Cadenbach

    Der G20-Gipfel, die Inauguration des US-Präsidenten, der Bundestagswahlkampf, das Karriereende von Usain Bolt – auf den ersten Blick haben die Ereignisse des Jahres 2017 kaum etwas mit dem eigenen Leben zu tun.

    Würde man die eigenen »Momente des Jahres« küren, wären diese eher privater, familiärer, beruflicher Natur. Doch betrachtet man dann jenes Kaleidoskop persönlicher Erlebnisse genauer, fällt auf: Es gibt manchmal eben doch Situationen, da wird im Kleinen das Große sichtbar, im Privaten der Lauf der Welt.

    Dieser Idee hat das SZ-Magazin seine letzte Ausgabe des Jahres gewidmet. Sie umfasst viele dieser kleinen großen Momente, einer davon handelt davon, wie ein einst aus Syrien geflüchteter Freund endlich in Deutschland heimisch wird.

    Meistgelesen diese Woche:

    Der 2017-Augenblick für unsere Autorin Michaela Haas war der Moment, als sie einen Städtetrip nach Washington storniert hat. Sie hatte der Amtseinführung des amerikanischen Präsidenten beiwohnen wollen, aber nach der US-Wahl war ihr Frust über das Ergebnis so groß gewesen, dass sie die Reise absagte.

    Der Moment des Jahres unseres Kollegen Julian Baumann war ein anderer: Der Fotograf, der einen deutschen und einen jamaikanischen Pass besitzt, stand auf einer Tartanbahn im Sommer Usain Bolt gegenüber – direkt nach dessen letztem Rennen der Karriere. Baumann gelang in diesem Augenblick ein unglaubliches Porträt des Läufers.

    Ein anderer Kollege, Florian Zinnecker, war just an jenem Wochenende in Hamburg auf Wohnungssuche, als G20-Demonstranten bestimmte Straßenzüge zu No-Go-Areas machten und Dutzende Autos in Brand steckten. Das Knirschen der Glassplitter unter seinen Schuhen war für die Zinnecker die Begrüßungsmusik seines neuen Lebensabschnittes.

    Auch der SZ-Magazin-Autor Christoph Cadenbach erzählt von einem solchen Moment 2017. Er beschreibt, wie sich etwas im Verhältnis zu seinem syrischen Freund Dellair änderte. Schon sechs Jahre hatte Dellair in Deutschland gelebt, war aber immer wieder nach Syrien und in den Libanon gereist, um vor Ort zu helfen. Ausgezehrt und frustriert war er stets von dort zurückgekommen. Doch 2017, schreibt Cadenbach, gab es einen Moment, der den Freund endgültig in Deutschland heimisch werden ließ. Worin dieser bestand, davon erzählt der Autor in einem bewegenden Text.

    Der Tag, an dem mein syrischer Freund für immer hier ankam

    Vor sechs Jahren hat der syrische Freund unseres Autors in Deutschland Asyl beantragt. Seitdem ist er immer wieder in seine Heimatregion zurückgekehrt, um zu helfen. Ein rastloses Leben, in dem es viel Frust gab. Doch 2017 ereignete sich etwas, das ihn in Deutschland heimisch werden ließ.

    Foto: Christoph Cadenbach