Eigentlich hatte ich keine Zeit, die Titelgeschichte für das aktuelle SZ-Magazin zu schreiben. Unser Sohn war krank und konnte nicht in den Kindergarten. Und ich konnte nicht ins Büro, denn meine Frau hatte in der Arbeit auch viel zu tun. Wenn sie nach ein paar Stunden heim kam, musste ich schon wieder los: Unsere kleine Tochter im Kindergarten »eingewöhnen«. Im Bad stapelte sich die Schmutzwäsche und in der Küche das dreckige Geschirr - und das obwohl wir kaum zum Kochen kamen.
Die Titelgeschichte wäre nie fertig geworden, wenn wir nicht – wie so oft – viele Unterstützer gehabt hätten. Eine Putzfrau, die unseren Haushalt vor dem Kollaps bewahrte. Eine Oma, die regelmäßig die Kinder hütete. Den Fahrer vom Lieferservice, der uns das Abendessen brachte.
Ja, es war passend und ironisch zugleich: Beim Schreiben eines Artikels darüber, dass moderne, berufstätige Eltern erst recht auf Alltagshelfer angewiesen sind, wurde mir mal wieder bewusst, wie sehr das stimmt. Ich sehe es ja auch an meinen Freunden mit Kindern: Ohne Erzieherinnen, Kindermädchen, Babysitter oder Paketboten (die all das online Bestellte, was man nicht mehr im Laden zu kaufen schafft, anschleppen) wäre dieses schöne, stressige, privat und beruflich vollgepackte Familienleben nicht möglich.
Das Problem ist nur: All diese Vereinbarkeitshelfer werden in der Regel ziemlich schlecht und oft sogar schwarz bezahlt – und sie arbeiten unter Bedingungen, über die sich die meisten der sich für aufgeklärt und fortschrittlich haltenden Eltern in meinem Umfeld ansonsten zu recht empören.
Von dieser Doppelmoral erzählt die Titelgeschichte. Und davon, dass unsere schöne neue Familienwelt auch unter dem Gesichtspunkt der Geschlechtergerechtigkeit verlogen ist. Und davon, warum es nicht reicht, an das Gewissen von uns Eltern zu appellieren.
Aber jetzt muss ich schnell nach Hause, meine Frau ablösen.
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