Im Dezember 1784 erschien in der Berlinischen Monatsschrift ein Essay unter dem Titel: »Was ist Aufklärung?« Der Philosoph Immanuel Kant antwortete darin auf diese Frage mit seiner berühmten Definition: »Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit.« »Faulheit und Feigheit« seien, so Kant weiter, die Ursachen, warum ein so großer Teil der Menschen gerne zeitlebens unmündig bleibe und warum es anderen so leicht falle, sich zu deren »Vormündern« aufzuwerfen. Zur Aufklärung hingegen sei nur eines erforderlich: die Freiheit, von seiner Vernunft öffentlich Gebrauch zu machen.
Was hat das nun mit Ihrem neuen Handy zu tun? Sehr viel. Man mag darüber streiten, ob man hierzulande die Firma Nokia mit den Sanktionsmöglichkeiten der Moral, der öffentlichen Ächtung nebst Konsequenzen bestrafen soll oder dies lieber bleiben lässt in einem Land, das selbst von der Globalisierung profitiert. Eines aber muss man auf jeden Fall tun: sich aus seiner selbst verschuldeten Konsumunmündigkeit befreien und seine Kaufentscheidungen – auch beim Telefon – nicht nur vom günstigsten Preis oder technischen Spielereien bestimmen lassen, sondern sie ebenso nach persönlichen Überzeugungen treffen. Die tägliche Stimmabgabe an der Kasse hat vermutlich mindestens so viel Gewicht wie die alle vier Jahre im Wahllokal. Machen Sie von Ihrer finanziellen Freiheit Gebrauch: Wenn Ihnen das Geschäftsgebaren der Firma Nokia missfällt, sollten Sie bei diesem Unternehmen nichts kaufen – mit derselben Berechtigung, mit der Sie einer Partei Ihre Stimme geben oder verweigern.
»Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!«, proklamierte Kant zum Wahlspruch der Aufklärung. »Habe Verstand, dich deiner eigenen Kaufkraft zu bedienen«, sollte das Motto der aufgeklärten Marktwirtschaft sein.
Illustration: Jens Bonnke
Illustration: Jens Bonnke