»Wettschulden sind Ehrenschulden«, schießt es einem sofort durch den Kopf; also müssen sie beglichen werden, auch wenn keine rechtliche Verpflichtung besteht. Und in der Tat sehe ich bei einer Wette, so sie nicht scherzhaft geschlossen wurde, aus der Abmachung heraus eine grundsätzliche moralische Verpflichtung zu bezahlen. Hier allerdings kommt eine Besonderheit dazu: Der Gewinner der Wette hatte es in der Hand, wie sie ausgeht. Das lässt zögern, denn nach einem – ganz überzeugenden – Rechtsgrundsatz soll niemand davon profitieren, dass etwas eintritt, was er selbst treuwidrig herbeigeführt hat.
Aber was ist treuwidrig bei einer Wette? Hier kann der Fußball endlich einmal zu etwas nütze sein und als Beispiel dienen: Einem Torwart, der gegen seine Mannschaft wettet, würde ich seinen Gewinn nicht geben, wenn er grinsend am Pfosten lümmelt, während die Bälle ins Netz donnern. Dem Stürmer, der auf seine Mannschaft setzt und dann alles für den Sieg gibt, dagegen schon. Und die sechs Monate? Wenn ich wette, dass ich eine Minute die Luft anhalten kann, geht es ja gerade darum, dass ich diese Zeitspanne lang nicht atme. Wer nach 61 Sekunden japsend Atem holt, hat die Wette ohne Wenn und Aber gewonnen, und man kann ihm nicht vorwerfen, dass er sofort danach weiteratmet. Bei Ihnen war die Grundidee allerdings, ob der Kollege es auf Dauer schafft, nicht zu rauchen – anders als beim Luftanhalten, wo das töricht wäre. Die sechs Monate sind mehr eine pragmatische Vereinbarung, weil man sonst warten müsste, bis der Neunichtraucher stirbt. Insofern hat es schon ein bisschen Hautgout, wenn er direkt nach Ablauf wieder pafft. Aber da bin ich dann auch pragmatisch: Top, die Wette gilt. So wurde es vereinbart, Sie hatten es in der Hand, Sie hätten auch auf ein Jahr wetten können. Also sollten Sie bezahlen.
Quellen:
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 762 Spiel, Wette
(1) Durch Spiel oder durch Wette wird eine Verbindlichkeit nicht begründet. Das auf Grund des Spieles oder der Wette Geleistete kann nicht deshalb zurückgefordert werden, weil eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat.
(2) ...
§ 162 Verhinderung oder Herbeiführung des Bedingungseintritts
(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten.
(2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt
, Marc Herold (Illustration)