Als Calvin Klein 1985 den Duft Obsession lancierte, gelang ihm etwas Seltenes. Mit dem Signalwort »Besessenheit« benannte er nicht nur die Grundstimmung seiner Zeit, einen geradezu obskuren Willen nach Entgrenzung und Verwegenheit im Leben (»Wer sich an die achtziger Jahre erinnern kann, war nicht dabei«), sondern schuf auch gleich den olfaktorischen Kosmos dazu: eine gewichtige Ode voller Amber, Holz, Gewürz und Bergamotte, zu der man sich sofort den samtenen Salon herbeihalluzinieren konnte, in dem die ersehnten Ausschweifungen stattfinden würden. Mit Kate Moss in der Hauptrolle: nackt. Jetzt, fast genau zwanzig Jahre später, werden im gleichen Salon die Kerzen angezündet und
es wird: Nacht. »Obsession Night« (50 ml Eau de Parfum, um 52 Euro) entspringt damit wiederum einem aktuellen Gefühl. Wirklich Neues kommt nicht mehr, also bauen wir Bestehendes aus und geben dem Vertrauten neue Nuancen. Für den Männerduft wurden schwarzes Wildleder und Birne addiert, Frauen bekommen einen Strauß nachtblühenden Jasmin als Herznote überreicht. Pimp my perfume? Friedrich Nietzsche ahnte bereits dunkel: Die Welt ist tiefer als der Tag gedacht.