Doris Dörrie »Fuji«
Spätestens seit ihrem Film Kirschblüten – Hanami ist Doris Dörries Vorliebe für Japan bekannt. Deutschlands berühmteste Filmregisseurin gab uns folgende Vorgaben für ihre Käseplatte: »Ich stelle mir auf einem japanischen Keramikteller eine japanische Landschaft aus Käse vor. Der Berg Fujii in der Mitte, unten bläulich-grün, oben weiß. Zu seinem Fuß ein blauer See, umrundet von Grün. Welche Käsesorten fallen Ihnen dazu ein? Wichtig sind beim Fuji die unterschiedlichen Farben von Fuß und Gipfel – Gipfel eher weiß: Camembert?« Wir machten und taten. Als Dörrie schließlich das Foto ihrer Käseplatte sah, kreiert von der Künstlerin Telse Bus, schrieb sie: »Ja! Sieht super aus!« Per Mail – denn da war sie schon wieder in Japan.
Hans Ulrich Obrist »Der schiefe Turm von Pisa«
Hans Ulrich Obrist schrieb uns aus London: »Ich möchte einen Pisa-Turm aus veganem Käse machen.« Er sollte aus Cashewkernen hergestellt und hell, fast weiß sein, wie der echte Turm. Wichtig war ihm besonders die wirklichkeitsgetreue Neigung des Käseturms. Für Obrists Platte ließen wir den veganen Käse in Berlin von einem darauf spezialisierten Käsemacher herstellen. Die Maße der einzelnen Käseteile für den Turmbau wurden genau berechnet: Der ganze Turm sollte etwa 60 Zentimeter hoch werden, mit einer Grundfläche von
12 x 18 Zentimetern. Das Stück an der Spitze misst noch 12 x 15 Zentimeter. Jetzt fehlen nur noch die Touristen.
Rocko Schamoni »Smash it up, Boris«
Rocko Schamoni setzt mit seiner Käseplatte ein politisches Statement: »Ich hätte gerne einen Boris-Johnson-Käseteller, mit Tomaten drapiert. Ich fände dabei die Scheibletten-Legetechnik gut. Die Tomaten können gern den Eindruck erwecken, als ob sie in seinem Gesicht kleben würden oder dort zerplatzt seien … So, dass man erkennen kann, dass er beworfen wurde.« Telse Bus legte den britischen Premierminister, indem sie einen Cheddar-Käse als Kopf modellierte und die Haare aus Scheibletten fächerte. Dann verteilte sie ein zerbröseltes Hot-Dog-Brötchen um den Kopf herum. Während der Fotoaufnahmen bewarf sie die Käseplatte anstelle von Schamoni mit weichen Tomaten. Rocko Schamoni erklärte, als er seine fertige Käseplatte zu sehen bekam: »Exakt genau vor vierzig Jahren kam von der englischen Punkband The Damned die wichtigste Single auf den Markt, Smash It Up. England war total kaputt, und die Band brachte es auf den Punkt. Diese Single zitierend möchte ich meine Käseplatte Smash it up, Boris! nennen, denn Boris könnte England mit dem Brexit den Gnadenstoß verpassen.«
Leya Piedayesh »Oase«
Die Käseplatte der deutsch-iranischen Modeschöpferin Leyla Piedayesh sollte sie an ein persisches Familienfest erinnern, an ein Gelage mit Schafskäse, Granatapfel, Oliven, Feigen, Datteln, Gurken, Nüssen und büschelweise frischen Kräutern. Alles an ihrer Platte sollte überladen sein, wie sie es aus ihrer Kindheit im Iran kennt – und die Platte selbst golden. Piedayesh, deren Label für Mode mit ikonischen Prints und starken Mustern bekannt ist, schuf so eine Mischung aus Wüstenoase und Großstadt. »Und bitte auch noch einen Schuss Öl auf die Schafskäse-Wolkenkratzer«, erklärte sie, »und roten Pfeffer auch noch oben drauf – weil: Mehr ist mehr!«
Jorinde Voigt »Schwebender Käse«
»Ich will schwebenden Käse«, sagte Jorinde Voigt. »Wie ein Planetensystem?«, fragte Telse Bus. »Ja, genau!« Voigt und Bus trafen sich an einem Samstag in den Berliner Galeries Lafayette. Den beiden fielen verschiedene Formen von Käse in der Theke auf: in Sternform, in Herzform, in Stabform, in verschiedenen Kugelgrößen, manche Stücke mit heller Rinde, andere mit Asche bestäubt. »Archetypische Formen, schwebende Archeformen will ich!«, sagte Voigt. »Dazu kardinalslila Hintergrund, gern comichaft oder paradox.« Bus hängte die Käse an durchsichtige Fäden und ließ sie schweben – die abstrakteste (und sicher nicht leicht nachzubauende) Platte auf diesen Seiten.
Aino Laberenz »Transformationen«
Aino Laberenz erstellte für uns eine Skizze wie für die Inszenierung eines Theaterstückes. Ihre Käseplatte Transformationen sollte ihrem Namen gerecht werden und verschiedene Stadien zeigen: »Die Käsesorten sollen geschmolzen werden, gerne viele Käsestücke, die dann auch im Schmelzen und in verschiedenen Konsistenzen zu sehen sind. Also mit Bläschen und bisschen zerlaufen. Mal mit Rand, der noch fest ist. Oder auch so was wie ein Klecks. Trauben oder Brot sollten auf keinen Fall dabei sein.« Wir setzten ihre Angaben im Fotostudio um. Heraus kam eine Käseplatte, die auch das Bühnenbild für eine große Oper sein könnte, bei der am Ende alle tot in ihrem eigenen … Käse liegen.
Werner Aisslinger und Tina Bunyaprasit »Blobs«
Ziel der Designer Werner Aisslinger und Tina Bunyaprasit war ein »abstrahierter Mozzarellaberg auf einer monochromen Farbfläche oder einer farbigen Spiegelfläche mit hohem Abstraktionsgrad. Mozzarella = Kunst!« Wir verstanden sofort und folgten auch bei der Auswahl des Käses genau ihren Vorgaben: »Nicht die hellgelbe oder tief gelbe Welt der mitteleuropäischen Käsesorten – die in Scheiben oder Ecken geschnitten grafische Muster ergeben –, sondern der dicke, volumige, unbeschreibliche Hügel einer Mozzarella-Ansammlung, die eher an Niki de Saint Phalles Kunstwerke, Schaumstrukturen in der Badewanne, an eine schöne Buckelpiste im Winter oder an Profiteroles in Weiß erinnern – also lebensbejahende ›Blobs‹ mit sehr eigenwilliger Konsistenz, die wir alle gerne in großen Mengen mit Olivenöl vertilgen. Ein Glücksgefühl, das die anderen Käsesorten nicht annähernd schaffen.«
Matteo Thun »Patina«
Eine Käseplatte wie seine Häuser: Matteo Thun erklärt, dass er die Natur als wichtigen Bestandteil seiner Architektur und Innenarchitektur sieht und deswegen viel mit unbehandeltem Holz und Naturstein arbeitet. »Die Schönheit des Natürlichen ist die Patina, die so entsteht – wie das Gesicht einer alten Bäuerin oder die Oberfläche von gereiftem Käse.« Thun gestaltete für das SZ-Magazin einen Probe-Käse-Turm, von dem er ein Foto schickte. Dafür verwendete er seine Lieblingssorten. »Ihre Reife, ihre spezielle Lagerung, ihre Patina macht sie besonders.« Wir bauten seinen Turm dann nach seinen Vorgaben im Fotostudio nach.