Mietbremse oder Mietvollgas?

Sollte man zugunsten einer Bekannten mit knapper Kasse die Miete niedrig halten? Oder steht einem der marktübliche Höchstpreis zu? Unsere Kolumnistin glaubt, die Entscheidung der Leserin ist längst gefallen.

Illustration: Serge Bloch

»Ich habe Geld geerbt und eine große Maisonettewohnung gekauft. Teile der Mieteinnahmen möchten wir für die Ausbildung unserer fünf Kinder anlegen. Aufgrund der Wohnungsknappheit könnte ich locker 2000 Euro Kaltmiete verlangen. Nun sucht die Mutter der besten Freundin meiner Tochter händeringend so eine Wohnung. Sie ist Kindergärtnerin, mit zwei Kindern alleinerziehend, möchte mit ihrem Freund zusammenziehen. Das Paar kann sich nur weniger Miete leisten, ich hätte 300 Euro weniger Mieteinnahmen. Was raten Sie mir?« Claudia K., Brühl

Mal angenommen, man würde Ihnen nun dazu raten, Ihre Maisonettewohnung dieser Mutter der besten Freundin Ihrer Tochter zu vermieten, weil das nett wäre, freundlich, herzensgut. Weil die es nicht leicht hatte. Weil sie dann nicht länger alleinerziehend wäre. Weil Sie ein Mensch sein wollen, der anderen hilft. Weil Sie, keine Ahnung, das Prinzip christlicher Nächstenliebe praktizieren wollen und sich vielleicht auch wünschen würden, in umgekehrter Lage täte jemand für Sie auch so etwas. Weil Sie hoffen, dass der Mensch im Grunde edel ist und gut.

Das würden Sie doch sowieso nicht ­machen.

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Sehen wir uns Ihre Frage einmal genau an. Da stehen alle Ihre Überlegungen drin. Auf der einen Seite gibt es da diese Frau, Mutter zweier Kinder, von denen eines zufällig die beste Freundin Ihrer Tochter ist. Das ist Ihre einzige Verbindung. Auf der anderen Seite schreiben Sie, dass Sie selbst fünf Kinder haben. Und sicherstellen wollen, dass diese einmal eine gute Ausbildung erhalten. Die Abwägung, die Sie also genau genommen bereits getroffen haben, ist, ob Sie das Wohl der Familie dieser nahezu fremden Frau über das Ihrer eigenen Familie stellen. Ich denke, das können wir ausschließen.

Insofern ist Ihre eigentliche Frage also, ob Sie wegen Ihrer Entscheidung, die Wohnung lieber teurer zu vermieten, ein schlechtes Gewissen haben müssen. Und die Beantwortung dieser Frage kann Ihnen leider niemand abnehmen, weil nur Sie wissen, ob sich die Idee davon, wie Sie offenbar gerne wären, mit der Tatsache, wie Sie sind, deckt. Wahrscheinlich besteht zwischen diesen Versionen eine Differenz. Und je nachdem, wie groß die ist, zwickt das Gewissen. Aber Sie haben das alles doch so überzeugend in Ihrer Frage dargelegt, ich bin mir sicher, dass Sie das Gewissen argumentativ zu besänftigen wissen.